A-ZBöhms Börsenlexikon
Lars Erichsen
Team Böhms-DAX-StrategieWas ist ein Market Maker?
Makler: Bei Aktien gilt zuerst einmal das Auktionatorprinzip. Wenn Sie bei einer Bank oder einem Broker eine Order für ein Wertpapier abgeben, sei es Kauf oder Verkauf, so leitet diese sie an einen Makler oder an ein elektronisches Handelssystem (Xetra) weiter. Der Makler ermittelt nun den Kurs, zu dem der Auftrag ausgeführt wird, indem er in einem Orderbuch Kauf- und Verkaufsaufträge gegenüber stellt. Dabei prüft er, bei welchem Kurs der höchste Umsatz zustande kommt.
Der Makler muss dabei natürlich die angegebenen Limits, also z. B. Ihr gewünschtes Kauflimit, beachten. Das geht alles in der Regel blitzschnell. Aber: Wie es sich für einen Makler gehört, bleibt er in diesem Fall neutral und bringt nur Angebot und Nachfrage zusammen. Der Börsenmakler kann allerdings auch selbst zum Kontrahenten (Gegenpartei im Handel) werden und Kauforders mit Aktien aus dem eigenen Bestand bedienen oder bei Verkaufsorders Aktien in den eigenen Bestand aufnehmen. Durch diesen Kauf oder Verkauf auf eigene Rechnung wird der Makler zum Market Maker.
Market Maker garantieren
... die fortwährende Handelbarkeit von Wertpapieren und stellen so die Markt-Liquidität und Funktionsfähigkeit einer Börse sicher. Durch ihre ständige Bereitschaft im Handel als Gegenpartei zu fungieren, kompensieren Market Maker den asynchronen Orderfluss der Anleger und stabilisieren kurzfristige Marktungleichgewichte. Market Maker werden vor allem bei umsatzschwachen Wertpapieren eingesetzt. Bei Aktien z. B. aus dem DAX gibt es dagegen auch durch die normalen Kundenaufträge genügend Umsätze, die sekundenschnelle Orderausführung ist in der Regel gewährleistet.
Worauf müssen Sie bei einem Market Maker achten?
Market Maker haben die Aufgabe, einen reibungslosen Handel zu gewährleisten und verdienen damit ihr Geld. Allerdings kann es auch zu einer Vermischung der Interessen kommen, wenn der eigentlich neutrale Market Maker auch Eigenhandel betreibt und selbst durch den (günstigen) Kauf und (teureren) Verkauf von Wertpapieren Geld verdienen will.
Sollte dann noch der Kauf und Verkauf von Wertpapieren im Kundenauftrag (auf Kommission) hinzukommen, dann treffen schon drei Ziele zusammen: Ein liquider Handel im Allgemeinen, Gewinn aus Eigenhandel und die möglichst gute Ausführung von Kundenaufträgen. Dass dies zu Interessenskonflikten führen kann, ist klar. Allerdings sorgen die Banken mit ihrem Eigenhandel auch maßgeblich dafür, dass an den Märkten überhaupt ein liquider Handel stattfindet. Wenn die Banken klug sind, verhindern sie allerdings die eben beschriebenen Interessenskonflikte. Die vielen Skandale der letzten Jahre haben gezeigt, dass ein gesundes Misstrauen hier durchaus angebracht ist.
Worin unterscheiden sich Market Maker und Designated Sponsor?
Die Deutsche Börse schreibt in ihren Statuten vor, dass weniger liquide Aktien über einen so genannten Designated Sponsor verfügen müssen. Der Unterschied zum Market Maker: Designated Sponsors werden in der Regel vom Unternehmen, dessen Aktien gehandelt werden, beauftragt. Zudem sind Designated Sponsors nur auf dem elektronischen Handelssystem Xetra aktiv, die sich verpflichten, auf Anfrage Geldkurse und Briefkurse für eine Aktie zu stellen. Sie sorgen für zusätzliche Liquidität in einer Aktie; ob auf eigene Initiative, in Auktionen oder auf Anfrage der Markteilnehmer.
Eine solche Anfrage wird als „Quote-Request“ bezeichnet, wobei unter Quote das gleichzeitige Stellen von verbindlichen Geld- und Briefkursen (Kauf- und Verkaufspreisen) für eine bestimmte Anzahl von Wertpapieren durch einen Marktteilnehmer (in dem Fall den Designated Sponsor) verstanden wird. Zu diesen Kursen können andere Marktteilnehmer dann kaufen oder verkaufen, wenn sie das wollen. Da die Quotes im Orderbuch sichtbar sind, erhalten Anleger dadurch eine höhere Sicherheit für die Limitierung ihrer Orders.
Das Mindestordervolumen und die maximale Geld- Brief-Spanne sind dabei verbindlich vorgeschrieben. Doch das ist eher etwas für Börsenprofis und spielt vor allem bei der Abgabe großer Ordervolumen eine Rolle.
Wann treten Emittenten als Market Maker auf?
Gänzlich anders als z. B. bei Aktien funktioniert jedoch die Preisbildung bei Optionsscheinen und Zertifikaten: Hier sind es die Emittenten der betreffenden Papiere (also meistens Banken), die verpflichtet sind, für einen liquiden Handel zu sorgen und als Market Maker aufzutreten. Wenn Sie also ein Zertifikat oder einen Optionsschein kaufen oder verkaufen, dann steht auf der Gegenseite als Ihr Kontrahent meist kein anderer Privatanleger, sonder fast immer der Emittent des Wertpapiers.
Immer wieder höre ich den Einwand, die geringe Liquidität, bzw. die geringen Umsätze bei einzelnen Zertifikaten und Optionsscheinen könnten dazu führen, dass man diese Wertpapiere nicht mehr „los wird“. Das ist grundsätzlich falsch. Der Emittent ist als Market Maker dazu verpflichtet, alle seine Produkte immer zurückzukaufen. Spannend wird es aber vor allem bei der Preisbildung, denn diese ergibt sich eben nicht wie z. B. bei Aktien aus Angebot und Nachfrage, sondern erfolgt nach Maßgabe der Konstruktion der Zertifikate oder der optionspreistheoretischen Modelle.
Was bedeutet das?
Der Preis der Zertifikate oder Optionsscheine orientiert sich in erster Linie an der Kursentwicklung des Basiswerts, auf den sie sich beziehen. Dazu kommen andere Größen, die Einfluss auf den Wert der Zertifikate oder Optionsscheine haben, wie z. B. die Volatilität oder der Marktzins. Diese Größen können vom Emittenten nicht beeinflusst werden, die Preisbildung erfolgt folglich neutral, ohne dass der Emittent eigene Interessen einfließen lassen kann.
Betreiben Market Maker „Stopp-Fischen“?
Mich erreichen immer wieder Beschwerden über eine „unfaire“ Preisbildung bei Derivaten. Nicht selten hat z. B. in einer sehr volatilen Marktphase der Market Maker den Kurs des Kunden nicht zum gewünschten Limit ausgeführt und der eigentlich zur Verlustbegrenzung gedachte Stopp-Loss-Kurs greift erst deutlich tiefer. Das ist ärgerlich, denn der Stopp-Loss-Kurs sollte den Verlust ja auf eine bestimmte Höhe begrenzen. Und auch über das „Abfischen“ von Limits und Stopp-Kursen wird geklagt.
Damit ist folgendes gemeint: Der Market Maker hat Einsicht in das Orderbuch und kennt dadurch die Limits und Stopp-Kurse aller Anleger. Gleichzeitig verdient er an möglichst hohen Umsätzen im Wertpapier. Beides zusammen ergibt den Anreiz, die Limits und Stopp-Kurse zur Ausführung zu bringen, obwohl die eigentlich neutrale Preisberechnung des Zertifikats oder des Optionsscheins dies nicht hergegeben hätte. Im Chart des Optionsscheins oder Zertifikats führt dies zu „unerklärlichen“ Kursspitzen.
Die meisten dieser Verdachtsfälle erweisen sich meiner Erfahrung nach aber als unbegründet. Allerdings ist das nicht immer so und Sie sollten in jedem Fall nachforschen und sich beschweren, wenn ein entsprechender Verdacht besteht. Absichtliches „Stopp-Fischen“, um Anleger abzuzocken, dürfte jedoch die große Ausnahme sein. Denn jedem Emittenten ist auch bewusst, dass sein Verhalten beobachtet wird und ein guter Ruf ist in diesem durchaus hart umkämpften Geschäft entscheidend für den langfristigen Erfolg.
Arbeiten Market Maker immer perfekt?
Nein! In volatilen Marktphasen kommt es oftmals vor, dass Ihre Aufträge zu ungünstigeren Kursen ausgeführt werden, als Sie sich erhofft haben. Das liegt daran, dass der Market Maker durch die Schnelligkeit der Markbewegungen überfordert sein kann und natürlich auch nicht selbst der Dumme sein will.
Denn: Wenn er in unübersichtlichen Marktphasen „falsche“ Kurse stellt, muss er im Zweifel selbst dafür gerade stehen. Daher kommt es häufig dazu, dass der Emittent in volatilen Phasen die Geld- Briefspanne ausweitet. Das darf er zwar tun, aber es geht letztlich zu Lasten des Anlegers, der kaufen oder verkaufen will. Das heißt: Das Risiko wird auf den Anleger abgewälzt. Da sind dann eben doch die eigenen Interessen näher als die Interessen des Kunden.
Böhms Fazit
Market Maker sind für einen liquiden Handel an den Märkten unverzichtbar. Nicht immer aber handeln Market Maker so neutral, wie sie es eigentlich sollten, denn eigene Gewinninteressen können mit den Interessen der Anleger kollidieren. Das gilt auch für die Emittenten von Optionsscheinen und Zertifikaten. Sie sollten sich zwar der grundsätzlichen Probleme bei der Preisbildung bewusst sein, gezielt „unfaires“ Verhalten der Market Maker ist aber meiner Erfahrung nach die große Ausnahme.
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