A-ZBöhms Börsenlexikon
Lars Erichsen
Team Böhms-DAX-StrategieWas ist das Europäische Währungssystem?
Das Europäische Währungssystem (EWS) war ein System fester Wechselkurse innerhalb der Europäischen Gemeinschaft. Das EWS bestimmte dabei die währungspolitische Zusammenarbeit zwischen den teilnehmenden Staaten der Europäischen Gemeinschaft. Es gilt als Vorstufe der Europäischen Währungsunion und war Voraussetzung für die Einführung des Euro und die Errichtung der Europäischen Zentralbank.
Mit dem EWS II, das auch als Wechselkursmechanismus II (European Exchange Rate Mechanism II – ERM II) bezeichnet wird, gibt es eine Nachfolgeregelung für EU-Staaten, die nicht dem Euro angehören aber dessen Einführung anstreben.
Ist das Europäische Währungssystem (EWS) der Vorläufer des Euro?
Historisches Ziel des Europäischen Währungssystems (EWS I) war die Etablierung einer stabilen Währungszone, die weitgehend frei von Wechselkursschwankungen ist. Damit sollte in Europa eine Stabilitätsgemeinschaft geschaffen werden, die den Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr erleichtert und Handelshemmnisse abbaut. Langfristiges Ziel des Europäischen Währungssystems (EWS) war es, über eine gemeinsame Währungspolitik zu einer gemeinsamen Wirtschafts- und Finanzpolitik zu gelangen.
Das Europäische Währungssystem (EWS) wurde durch Beschluss des Europäischen Rates am 13. März 1979 als Nachfolger des Europäischen Wechselkursverbundes geschaffen. Das EWS bestand bis zum 31. Dezember 1998 und wurde dann durch die Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) ersetzt.
Als Referenzwert und rechnerische Bezugsgröße für das Europäische Währungssystem (EWS) wurde der ECU (European Currency Unit) eingeführt. Der ECU war keine eigenständige Währung, sondern ein Währungskorb, gilt aber dennoch als Vorläufer des Euro, der gemeinsamen europäischen Währung.
Wie funktionierte das Europäische Währungssystem (EWS)?
Die Leitkurse der jeweiligen Währung mit dem ECU wurden vom Rat der Finanzminister gemeinsam mit den Zentralbankpräsidenten der Staaten festgelegt. Bei Bedarf konnten neue Leitkurse fixiert werden, um auf aktuelle Entwicklungen auf dem Devisenmarkt sowie auf unterschiedliche Preisentwicklungen in den Mitgliedsstaaten zu reagieren.
Ein sogenannter Wechselkursmechanismus steuerte die Wechselkursbewegungen innerhalb bestimmter, zuvor festgelegter Bandbreiten. Bis 1993 durften die vereinbarten Wechselkurse der EWS-Währungen nur innerhalb einer Bandbreite von 2,25 Prozent nach oben oder unten schwanken. Ab 1993 wurde diese Bandbreite auf 15 Prozent nach oben oder unten erweitert.
Ein Interventionsmechanismus sorgte für die Einhaltung der Bandbreiten. Näherte sich ein Wechselkurs der Grenze der Bandbreite, waren die Zentralbanken der betreffenden Länder verpflichtet, mit An-und Verkäufen von Devisen auf dem Devisenmarkt zu intervenieren. Sie kauften/verkauften solange die schwache/starke Währung, bis der Wechselkurs wieder innerhalb der Bandbreite lag. Dieser Interventionsmechanismus gilt auch für die am derzeit bestehenden WKM II teilnehmenden Währungen.
Das Europäische Währungssystem (EWS) ...
war häufig spekulativen Angriffen ausgesetzt. Dabei machten es sich Hedgefonds zunutze, dass die festgelegten Wechselkurse von den tatsächlichen fundamentalen Rahmenbedingungen abwichen. Mit massiven Käufen bzw. Verkäufen von Währungen wurde darauf spekuliert, dass die festen Wechselkurse über kurz oder lang deutlich angepasst werden müssen. Während einer solchen Krise verließen 1993 die Italienische Lira und das Britische Pfund vorübergehend das EWS.
Ist der Wechselkursmechanismus II (WKM II) Voraussetzung für den Euro?
Das Europäische Währungssystem (EWS) ist die Vorstufe zur Europäischen Währungsunion, die mit der Einführung des Euro und der Errichtung der Europäischen Zentralbank ab dem 1.1. 1999 erreicht wurde. Die Europäische Währungseinheit ECU wurde mit Beginn der Währungsunion abgeschafft.
Das Europäische Währungssystem (EWS) wurde zum Wechselkursmechanismus II (EWS II) weiter entwickelt. Der WKM II regelt nun die Anbindung der Währungen der noch nicht an der Währungsunion teilnehmenden EU-Staaten an den Euro. Eine mindestens zwei Jahre währende Teilnahme am WKM II ist eine von vier Voraussetzungen für die Einführung des Euro (den so genannten Konvergenzkriterien).
Diese Länder sind bereits der Währungsunion beigetreten
- Griechenland
- Slowenien
- Malta
- Zypern
- Slowakei
- Estland
- Lettland
- Litauen
Derzeit nimmt nur Dänemark am WKM II teil, ohne allerdings die Absicht zu haben, der Europäischen Währungsunion beizutreten. Der Wechselkurs des Euro und der Dänischen Krone (EUR/DKK) wird von der Europäischen Zentralbank und von der Dänischen Nationalbank in einer Bandbreite von +/–2,25 Prozent gehalten. Die extrem expansive Geldpolitik der Europäischen Zentralbank seit Anfang 2015 macht es der Dänischen Nationalbank schwer, eine Aufwertung der Krone zu verhindern. Es gab sogar Spekulationen, dass Dänemark die Wechselkursbindung zum Euro über den WKM II aufgeben muss.
Böhms Praxistipp
Die früheren Schwierigkeiten, die Wechselkursbindung im Europäischen Währungssystem (EWS) aufrecht zu erhalten, sind ein Spiegelbild der heutigen Probleme in der Währungsunion. Unterschiedliche wirtschaftliche Entwicklungen in einzelnen Euro-Staaten können heute nicht mehr durch die Anpassung der Wechselkurse abgefedert werden. Ein Verlust an Wettbewerbsfähigkeit mündet nicht mehr in einer Abwertung, sondern erfordert Anpassungen z. B. im Staatshaushalt oder am Arbeitsmarkt. Das ist schmerzhaft und stößt auf politische Widerstände.
Glauben Sie aber nicht den Kritikern, die in einer Rückkehr zum früheren Wechselkurssystem oder in einem System freier Wechselkurse die Lösung aller Probleme sehen. Wirtschaftliche Krisen gab und gibt es in jedem Wechselkurssystem.
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