Wie funktionieren Express Zertifikate?
Express Zertifikate richtig handeln
An was denken Sie als erstes, wenn Sie das Wort „Express Zertifikat“ hören? An Zertifikate mit besonders kurzer Laufzeit? Oder an ein Zertifikat, das in rasanter Geschwindigkeit Gewinne einfährt? Könnte man meinen angesichts des Namens. In Wirklichkeit aber haben Express Zertifikate in der Regel eine Laufzeit von mehreren Jahren. Wie allen Zertifikaten liegt auch einem Express Zertifikat ein Basiswert zugrunde. Das können Aktien, Anleihen, Rohstoffe, aber auch Währungen oder ein Aktienindex sein.
Wenn Sie direkt eine Aktie kaufen oder z.B. ein Indexzertifikat auf den DAX, dann profitieren Sie davon, wenn deren Kurse steigen. Ein starker Kursanstieg bedeutet für Sie hohen Gewinn. Mit Hebel Zertifikaten oder Optionsscheinen können Sie diesen Gewinn durch die Hebelwirkung sogar noch steigern. Und Sie können sogar mit Short-Hebelzertifikaten oder Put-Optionsscheinen davon profitieren, wenn die Kurse von Aktien oder z.B. Aktienindizes wie dem DAX fallen. Ein Express Zertifikat ist da anders. Mit einem Express Zertifikat erzielen Sie bereits dann einen Gewinn, wenn der Markt sich seitwärts, also weder merklich steigt oder fällt.
Warum der Name Express Zertifikat?
Während der meist mehrjährigen Laufzeit erhalten Sie an einem bestimmten, in der Regel jährlichen Stichtag die Chance auf die Rückzahlung Ihres eingesetzten Kapitals zuzüglich einer vorab festgelegten Rendite. Daher rührt auch der Name "Express", denn das Zertifikat kann vorzeitig auslaufen, möglicherweise schon nach einem Jahr oder sogar nach nur wenigen Monaten. Genauer gesagt, hoffen Sie als Anleger sogar darauf, dass das Express Zertifikat vorzeitig zurückgezahlt wird.
Beachten Sie:
Der Basiswert, auf dem das Zertifikat beruht, muss am Stichtag auf oder über der sogenannten Tilgungsschwelle liegen. Diese kann dem Kursniveau bei Ausgabe des Zertifikats entsprechen, kann aber auch von dieser abweichen. Selbst wenn es während der Laufzeit zu keiner vorzeitigen Rückzahlung kommt, weil der Basiswert zu allen Stichtagen unter der Tilgungsschwelle lag, haben Sie durch einen in der Regel vorhandenen Risikopuffer dennoch gute Chancen auf Rückzahlung Ihres eingesetzten Kapitals.
Express-Zertifikate: Ein Beispiel
Sie kaufen für 100 Euro ein Express-Zertifikat auf den DAX:
- Der Kurs des DAX liegt bei 10.000 Punkten.
- Die Laufzeit des Zertifikats beträgt 4 Jahre.
- Der Risikopuffer am Ende der Laufzeit liegt bei 95 Prozent.
Das bedeutet: Sie erhalten am Laufzeitende auch dann Ihr investiertes Kapital zurück, wenn der DAX um bis zu 5 Prozent gefallen sein sollte. Bei Kursverlusten über 5 Prozent am Laufzeitende, also wenn der DAX in vier Jahren unter 9.500 Punkten notieren sollte, dann erleiden Sie einen Verlust, der prozentual dem Kursrückgang des DAX entspricht. Liegt der DAX z.B. in vier Jahren am Laufzeitende des Express Zertifikats z.B. wegen einer Börsenkrise nur bei 9.000 Punkten, dann beträgt auch Ihr Verlust 10 Prozent.
Doch jetzt zum positiven Szenario:
- Die Tilgungsschwelle des Express-Zertifikats beträgt im Beispiel 9.800 Punkte.
- Der Stichtag findet jeweils am 30. Juni jedes Jahres statt.
- Der Zinssatz beträgt 4 Prozent.
Das bedeutet: Liegt der DAX also am nächsten Stichtag über 9.800 Punkten, dann erhalten Sie das Zertifikat zu 100 Prozent zurückgezahlt und bekommen zusätzlich eine Zinszahlung von 4 Euro. Liegt der DAX unter der Marke von 9.800 Punkten, dann verlängert sich das Express Zertifikat bis zum Stichtag im nächsten Jahr und damit bis zur nächsten Überprüfung der Tilgungsschwelle.
Welche Vorteile haben Express Zertifikate?
Der risikobewusste Anleger schätzt vor allem diese Vorteile:
- Überdurchschnittliche Renditemöglichkeiten auch in Seitwärtsmärkten.
- Einen teilweisen Schutz gegen Kursverluste durch den Risikopuffer.
- Chance auf eine kurzfristige Geldanlage durch die vorzeitige Rückzahlung
Welche Nachteile haben Express Zertifikate?
Gegenüber einer Direktanlage in Aktien, haben Express Zertifikate vor allem diese Nachteile:
- Sie erhalten keine Dividenden. Diese behält der Emittent ein und verwendet sie zur Gestaltung des Express Zertifikats, z.B. für eine höhere Rendite
- Ihre Rendite ist von vornherein begrenzt, also nach oben gedeckelt.
- Sie tragen – wie bei allen Zertifikaten – das Emittentenrisiko. Geht die emittierende Bank pleite, ist Ihre Anlage auch abgeschrieben.
- Trotz der begrenzten Rendite tragen Sie ein hohes Verlustrisiko, wenn der Basiswert stark fällt.
- Durch kurzfristige Kursschwankungen nach unten an den jeweiligen Stichtagen gehen Sie das Risiko ein, keine Rendite zu erhalten.
Für welchen Anleger-Typ sind Express-Zertifikate geeignet?
Express Zertifikate kommen vor allem für risikobewusste Anleger in Frage, die von seitwärtstendierenden Märkten profitieren möchten. Aufgrund Ihrer Auszahlungsstruktur und des eingebauten Sicherungsmechanismus sind Express Zertifikate eher eine konservative Anlagemöglichkeit. Allerdings sind die Verlustrisiken nicht zu unterschätzen.
Böhms Praxistipp
Die Zinsen in Deutschland verharren seit langem auf niedrigstem Niveau. Tagesgeld- oder Festgeldkonten bieten längst keine vernünftige Rendite mehr. Das bringt viele Anleger, die Ihre Rendite erhöhen wollen, aber das Aktienrisiko scheuen, dazu, nach Anlagealternativen wie z.B. Express Zertifikaten zu suchen. Zwar tragen Sie auch hier ein gewisses Aktienrisiko, aber gegenüber der Direktanlage ist es doch begrenzt. Wenn Sie dieses Risiko in Kauf nehmen, erhalten Sie eine höhere Rendite als auf Tages- oder Festgeldkonten.
Doch Vorsicht, die Sicherheit ist trügerisch! Zwar können Sie davon ausgehen, relativ kurzfristige Kursrückgänge an den Börsen zu überstehen. Ihr Express Zertifikat kommt eben dann ein oder zwei Jahre später zur Rückzahlung, wenn sich der Aktienmarkt wieder erholt hat. Gegen starke, lang anhaltende Kurseinbrüche sind Sie aber nicht gefeit, dieses Risiko tragen Sie komplett, genauso wie bei der Direktanlage. Im Gegensatz zu dieser sind Ihre Gewinnchancen aber stark eingeschränkt.
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