Was sind die Komponenten eines Optionsscheins?
Der Optionsschein-Preis setzt sich zusammen aus Innerem Wert und Zeitwert
Der Optionsschein besteht aus mehreren Komponenten, die den Preis der Option beeinflussen: laufzeitunabhängiger Innere Wert und laufzeitabhängiger Zeitwert. Als Maß für die Schwankungsbreite des Underlyings und weiterer Einflussfaktor auf den Optionsscheinpreis gilt zudem die Volatilität.
Innerer Wert
Als Innerer Wert oder synonym Parität wird derjenige Teil einer Option bezeichnet, der bei einer Ausübung zum jetzigen Zeitpunkt erzielt werden kann. Nicht immer macht eine Ausübung jedoch Sinn. Befindet sich ein Optionsschein „aus dem Geld“, so heißt dies, dass der Innere Wert negativ ist. Eine Ausübung wäre dann nicht sinnvoll, da das Underlying am Kassamarkt billiger gekauft werden könnte. Bei einem Optionsschein, der sich „am Geld“ befindet, entspricht der Basispreis dem Kurs des Underlyings. Der Innere Wert liegt in diesem Falle bei etwa Null. Wenn eine Ausübung des Optionsscheines eine positive Auszahlung ergäbe, so befindet sich der Warrant „im Geld“, was gleichbedeutend mit einem positiven Inneren Wert ist. .
Da es keinen Zwang zur Ausübung eines Optionsrechtes gibt, kann der Innere Wert nie kleiner als Null sein. Unterschiede gibt es in der Praxis auch noch aufgrund der Art des Optionsrechtes. Bei amerikanischen Optionen ist die Ausübung jederzeit möglich, es gilt der oben aufgeführte Regelsatz. Bei europäischen Optionen dagegen existiert ein Innerer Wert nur rein rechnerisch, da das Optionsrecht nur am Ende der Laufzeit ausgeübt werden kann.
So berechnen Sie den Inneren Wert:
Optionsscheinpreis = Innerer Wert + Zeitwert
Zeitwert
Neben dem Inneren Wert weist ein Optionsschein einen Zeitwert auf, der von der Restlaufzeit des Warrants abhängt. Es wird deutlich, dass der Zeitwert dem über dem Inneren Wert einer Option gezahlten Aufschlag entspricht. Der Zeitwert nimmt mit abnehmender Restlaufzeit des Optionsscheines ab. Auch wenn der Kurs des Underlyings sich nicht verändert, erleidet ein Standard-Optionsschein im Zeitablauf also einen Wertverlust. Am Laufzeitende schließlich besteht der Optionsscheinpreis nur noch aus dem Inneren Wert.
Während am Beginn der Laufzeit der Zeitwertverlust relativ gering ist, setzt gegen Laufzeitende ein rapider Zeitwertverfall ein. Der Zeitwert einer Option wird von den Markt-Teilnehmern unter Zuhilfenahme optionspreistheoretischer Modelle und statistischer Daten ermittelt. Die Einflussfaktoren auf den Zeitwert, die in diesen Modellen berücksichtigt werden, sind die Volatilität des Underlyings, die Restlaufzeit des Optionsscheines, der am Geldmarkt erzielbare risikolose Zinssatz und der Optionstyp (amerikanisch oder europäisch).
So berechnen Sie den Zeitwert:
Zeitwert = Optionsscheinpreis – Innerer Wert
Volatilität
Die Volatilität ist ein Maß für die Breite der Kursschwankungen, denen das Underlying unterworfen ist. Mittels statistischer Verfahren wird eine annualisierte, d.h. auf ein Jahr hochgerechnete Volatilität (oder Standardabweichung) bestimmt. Hierzu werden jedoch nicht die absoluten Kursveränderungen verwendet, sondern es werden die Schwankungsbreiten von logarithmisierten Kurs-Rendite zur Berechnung herangezogen. Hierbei ist es unerheblich, in welche Richtung das Basisinstrument schwankt. Die Volatilität ist also eine Prozentzahl, die sich auf den Kurs des Underlyings bezieht. Sie dient in erster Linie als Maßzahl für die Risikohöhe des Basisinstruments. In der Optionspreisbewertung unterscheidet man nun mehrere Arten von Volatilitäten:
Historische Volatilität
Als Grundlage für die Einschätzung der zukünftigen Kursentwicklung werden Vergangenheitsdaten herangezogen. Berechnet man z.B. die Volatilität aus den Kursen der letzten 250 Börsentage (= 1 Jahr), so spricht man auch von der historischen Volatilität. Aufgrund der Vergangenheitsbezogenheit ist die historische Volatilität jedoch nur bedingt aussagekräftig für die Optionspreisbewertung.
Um die Chancen und Risiken eines Optionsscheines genau abschätzen zu können, ist es notwendig, die erwartete zukünftige Volatilität zu kennen. Da dies jedoch immer nur näherungsweise durch Schätzungen möglich ist, verbleiben Unsicherheiten aufgrund möglicher falscher Einschätzungen. In der Praxis dient die historische Volatilität als Orientierungshilfe für die erwartete zukünftige Volatilität. Käufer und Verkäufer eines Optionsscheines handeln einen Optionsschein auf Grundlage der erwarteten zukünftigen Volatilität. Sinkt die erwartete Volatilität des Underlyings, so hat dies einen sinkenden Optionsscheinpreis zur Folge, ohne dass der Kurs des Basisinstruments sich verändern muss.
Implizite Volatilität
Wie eben dargestellt, ist im Optionsscheinpreis also eine Volatilitätskomponente enthalten. Diese kann nun über optionspreistheoretische Modelle ermittelt werden. Man spricht in diesem Zusammenhang von der impliziten, d.h. der gegenwärtig im Optionsscheinpreis enthaltenen Volatilität. Mit Hilfe der impliziten Volatilität ist es möglich, verschiedene Optionsscheine miteinander zu vergleichen. Bei der historischen Volatilität sollte ein der Restlaufzeit entsprechender Berechnungszeitraum verwendet werden. Denn: Fällt der Berechnungszeitraum für die Volatilität und die Restlaufzeit des Optionsscheines zu weit auseinander, so sinkt die Aussagekraft bei Vergleichen der historischen mit der impliziten Volatilität unter Umständen sehr stark.
Liegt nun die implizite Volatilität über der historischen Volatilität, so heißt dies im allgemeinen, dass der Optionsschein in Relation zu einem aus der Optionspreistheorie abgeleiteten theoretischen („fairen“) Wert zu teuer ist. Diese Aussage kann jedoch nicht verallgemeinert werden. Zum einen ist ein theoretischer Preis für einen Optionsschein immer den Modellannahmen des verwendeten Optionspreismodells unterworfen, welche die Realität mehr oder weniger stark einschränken.
Zum anderen weist eine höhere implizite Volatilität auf die Risikoeinschätzung der Marktteilnehmer hin, die eine größere zukünftige Schwankungsbreite des Basisinstrumentes erwarten lässt. Diese muss der Optionsscheinkäufer dem Emittenten bezahlen, da er in diesem Falle eine größere Chance hat, dass sich der Optionsschein ins Geld bewegt. Es ist jedoch möglich, vergleichbar ausgestaltete Optionsscheine auf den gleichen Basiswert anhand der impliziten Volatilität unabhängig von der Restlaufzeit und von der Relation des Underlyingkurses zum Basispreis zu vergleichen.
Restlaufzeit
Die Periode von heute bis zum letzten Tag des Optionszeitraumes, die Restlaufzeit, wirkt direkt auf den Zeitwert eines Optionsscheines ein. In der Regel wird die Restlaufzeit in Tagen angegeben. Je länger die Restlaufzeit eines Warrants ist, umso höher ist der Zeitwert, da die Wahrscheinlichkeit, dass der Optionsschein ins Geld läuft, höher ist, je länger sich das Underlying dazu „Zeit lassen“ kann. Gegen Ende der Laufzeit setzt ein immer stärkerer Zeitwertverlust ein, da der Optionsscheinkurs sich dem inneren Wert annähert.
Risikoloser Zinssatz
Ein wichtiger Einflussfaktor bei der Preisbildung eines Optionsscheines ist der sogenannte risikolose Zinssatz. Hierunter versteht man die aktuell am Geldmarkt oder Kapitalmarkt gehandelte Rendite. Der Einfluss des risikolosen Zinssatzes auf den Optionsscheinpreis wird in der modernen Kapitalmarkttheorie begründet. Für effiziente Märkte gilt der Grundsatz, dass für alternative Anlagemöglichkeiten mit gleichem Risiko auch gleiche Renditen erzielt werden. Der genaue kausale Zusammenhang ist im sogenannten Capital Asset Pricing Modell (CAPM) von Sharpe nachzulesen. Vereinfacht ausgedrückt spiegelt der Zinssatz die Finanzierungskosten für den Erwerb eines alternativen Investitionsobjektes, z. B. einer Aktie wider. Bei steigenden Zinsen werden nun auch die Finanzierungskosten für den Kauf der Aktie teurer. Folglich zieht auch der Optionsscheinkurs an.
Beachten Sie:
Bei Put-Optionsscheinen ist ein ähnlicher Zusammenhang gegeben. Hier ist der Kauf eines Put-Warrants mit dem Leerverkauf des Underlyings gleichzusetzen. Steigen nun die Zinsen, so kann der Leerverkäufer seinen Erlös mit einer höheren Verzinsung reinvestieren. Die Put-Optionsscheine als Alternative zum Leerverkauf werden aus diesem Grunde billiger, um dem Grundsatz des CAPM aufrechtzuerhalten.
Bei Währungsoptionsscheinen muss neben dem inländischen Zinssatz auch der entsprechende ausländische Zinssatz berücksichtigt werden. Die Zinsdifferenz (Swapsatz) zwischen in- und ausländischer Währung ist ein weiterer Einflussfaktor bei Währungsoptionsscheinen. Bei der Wahl des risikolosen Zinssatzes für die Optionspreisbewertung muss die jeweilige Restlaufzeit des Optionsscheines entsprechend berücksichtigt werden.
Optionstyp
Auch der Optionstyp (amerikanisch oder europäisch) beeinflusst den Preis eines Optionsscheines. Verallgemeinert kann festgestellt werden, dass Optionsscheine amerikanischen Typs teurer sind, als Optionsscheine europäischen Typs, da der Optionsschein-Käufer das Recht, den Optionsschein bei der amerikanischen Variante jederzeit auszuüben, bezahlen muss. Preisunterschiede bei Optionsscheinen mit ansonsten gleicher Ausstattung (Laufzeit, Basispreis, etc.) können also auch durch verschiedene Optionsrechte bedingt sein.
Dividende und Kupon
Bei Aktien-Optionsscheinen und Basket-Optionsscheinen, die sich aus Aktien zusammensetzen, kommt mit der Dividende eine weitere Einflussvariable auf den Optionsscheinpreis hinzu. Bei Zahlung einer Dividende erfährt die betreffende Aktie einen Kursabschlag in Höhe der Dividende. Call-Optionsscheine auf diese Aktie werden dadurch an Wert verlieren, Put-Optionsscheine an Wert gewinnen. Da aber die Dividendenhöhe und der Ausschüttungstermin in der Regel vorher bekannt sind oder abgeschätzt werden können, sind diese Einflussfaktoren zumeist frühzeitig in den Kursen eskomptiert. Keinen Einfluss auf die Kursentwicklung haben die Dividendenabschläge bei Performance-Indices wie dem DAX, da die Ausschüttungen sofort als reinvestiert gelten.
Bei Optionsscheinen auf Anleihen beeinflusst der Anleihe-Kupon über den Zeitwert auch den Optionsscheinkurs, da der Kupon auf die Nettofinanzierung des Underlyings einwirkt. Die Nettofinanzierung des Underlyings ist durch die Differenz zwischen risikolosem Zins und dem Kupon determiniert.
Anpassungen der Optionsbedingungen
Veränderungen der Bedingungen bei Optionsscheinen kommen nur in Ausnahmefällen vor. Dem Besitzer des Optionsscheins entsteht dadurch in der Regel jedoch kein Nachteil. In Ausnahmefällen kann eine Anpassung von Basispreis und Bezugsverhältnis notwendig werden. So darf der Inhaber eines Optionsrechts durch die Kapitalmaßnahmen eines Unternehmens nicht benachteiligt werden. Daher werden bei einem Aktiensplit entsprechende Anpassungen vorgenommen; vergleichbares gilt auch für andere Kapitalmaßnahmen wie die Ausgabe von Berichtigungsaktien oder die Herabsetzung des Nennwerts.
Führt eine Aktiengesellschaft einen Split oder – was gleichbedeutend ist – eine Nennwertherabsetzung durch, so erhöht sich in beiden Fällen die Zahl der Unternehmensanteile und der Aktienkurs wird optisch billiger. Um den gleichen Anteil am Unternehmen über den Optionsschein kontrollieren zu können, muss sich zwangsläufig das Bezugsverhältnis erhöhen. Der Basispreis wird umgekehrt verringert, da sich der Unternehmenswert nun auf eine größere Anzahl von Aktien aufteilt.
Beispiel
Die Muster AG hat ihre Papiere im Verhältnis 1:4 gesplittet. Ein Anleger besitzt statt einer alten Aktie nun vier neue Aktien. Der Optionsschein XY auf die Aktie der Muster AG hatte ursprünglich ein Bezugsverhältnis von 0,01 und einen Basispreis von 450 Euro; nach dem Split besitzt er nun ein Bezugsverhältnis von 0,04 und einen Basispreis von 112,50 Euro.
Ein Vergleich des kontrollierten Unternehmenswertes verdeutlicht, dass sich durch den Split für den Optionsscheinanleger nichts geändert hat: Besitzt der Anleger 100 Warrants und übt er diese vor dem Split aus, so kontrolliert er eine Aktie und muss 450 Euro zusätzlich hierfür zahlen. Nach dem Split kann er vier Anteile für je 112,50 Euro beziehen. Er muss also ebenfalls 450 Euro bezahlen.
Ein weiteres Problem entsteht, wenn ein Unternehmen durch ein anderes übernommen wird oder zwei Unternehmen fusionieren. Eine Möglichkeit hinsichtlich der Vorgehensweise bei Übernahmen besteht in der Kündigung des Optionsscheins. Dazu kommt es jedoch sehr selten. Die meisten Emittenten orientieren sich bei ihrer Entscheidung im Falle von Übernahmen an den Regeln der Terminbörse EUREX. An die Stelle der Altaktien treten die neuen Aktien oder die von der Aktiengesellschaft angebotenen anderen Aktien in gleicher Anzahl. Dies gilt jedoch nur, wenn das Umtauschverhältnis 1:1 beträgt. In allen anderen Fällen werden zusätzlich Ausübungspreise und Kontraktgrößen der Optionen so angepasst, dass der ursprüngliche Kontraktwert erhalten bleibt.
Beachten Sie:
Wie schnell das Basisobjekt umgestellt wird, hängt dabei von den Aussichten der Übernahme ab. Sobald zum Beispiel offensichtlich ist, dass ein Umtauschangebot von einer großen Mehrheit der Aktionäre angenommen wird, stellen die Emittenten dementsprechend das Basisobjekt um. Ist die Offerte weniger aussichtsreich, kann der Optionsschein auch weiter zum Bezug des ursprünglichen Basisobjekts berechtigen.
Obwohl sich der Optionsscheinanleger bezüglich der kontrollierten Zahl von Aktien keine Sorgen machen muss, kann eine Umstellung des Basiswerts dennoch zu Problemen führen. Denn: Basispreis und Bezugsverhältnis sind nur zwei Determinanten, die den Optionsscheinpreis bestimmen. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Volatilität. Wenn zum Beispiel die Aktien des übernehmenden Unternehmens weniger volatil sind als die des übernommenen Unternehmens, dann sinkt der Optionsscheinpreis, da die Schwankungsbreite der “neuen Aktien” nun für den Optionsscheinkurs ausschlaggebend ist. Das ist jedoch ein Risiko, das der Optionsscheinanleger selbst tragen muss.
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