Optionsscheine suchen, finden, richtig auswählen!
So funktioniert die richtige Optionsschein-Wahl!
Jeder Anleger kann bei Beachtung einiger wichtiger Grundregeln die häufigsten Fehler beim Optionsscheinkauf vermeiden, und das auch ohne die theoretischen Grundlagen bis ins letzte Detail verstanden zu haben. Wie das geht und welche Tipps Ihnen auf jeden Fall helfen werden, Optionsscheine zu suchen, zu finden und richtig auszuwählen, erfahren Sie in diesem Artikel.
Optionsschein-Wahl: Konkretes Szenario entwickeln!
Bei der Optionsscheinauswahl zäumen viele Anleger das Pferd von hinten auf: Statt zunächst einen aussichtsreichen Basiswert auszumachen, ordern sie Warrants mit einem hohen Hebel, da diese den größten Gewinn versprechen. Der Ausgangspunkt bei einem Optionsscheinkauf sollte jedoch grundsätzlich das Basisobjekt sowie eine konkrete Erwartung an dessen weitere Kursentwicklung sein. Es bieten sich prinzipiell zwei Methoden zur Bestimmung von Kurszielen an: Die eine ist die fundamentale Analyse einer Aktie oder eines anderen Underlyings und die andere ist die charttechnische Analyse. Die meisten Anleger ziehen wohl letztere Methoden bei ihren Entscheidungen zu Rate.
Der potenzielle Optionsscheinkäufer muss sich also Gedanken darüber machen, in welchem Zeitraum das Basisinstrument wie stark steigt oder fällt. Hierdurch wird bereits die Restlaufzeit des Optionsscheins eingegrenzt, da sie mindestens bis zum Ende des Zeithorizonts der Spekulation reichen muss. Sicherheitshalber sollte aber die Laufzeit des Warrants etwas länger gewählt werden. Zu bedenken ist aber stets, dass der Preis des Optionsrechts mit dessen Restlaufzeit steigt.
Break-Even
Eine simple Methode, um eine Annäherung an den “richtigen” Warrant bei einem längerfristigen Zeithorizont zu finden, ist die Berechnung des Break-Even. Dieser gibt an, bei welchem Basiswertkurs der Anleger am Laufzeitende des Warrants in der Gewinnzone landet. Anders ausgedrückt: Sind bei einem Call Basispreis und Warrantkurs – bereinigt um das Bezugsverhältnis – in der Addition höher als der vom Anleger erwartete Kurs des Basiswerts am Laufzeitende, kann am Ende kein Gewinn übrig bleiben. Diese Kennzahl berücksichtigt jedoch den Zeitwert einer Option nicht, ihre Aussagekraft ist daher sehr begrenzt. Mehr Informationen zum Break-Even finden Sie im Artikel "Optionsschein-Kennzahlen im Check".
Moneyness
Was ist "Moneyness"?
Leider gibt es für den Zustand, ob ein Optionsschein im Geld, am Geld oder aus dem Geld liegt, keinen deutschen Begriff; man muss zu der englischen Vokabel Moneyness greifen. Diese Kennzahl berechnet sich für Calls einfach als Quotient aus dem aktuellen Basisobjektkurs und dem Ausübungspreis und umgekehrt für Puts.
Beispiel: Besitzt ein Call auf die XY-Aktie einen Ausübungspreis von 80 und ein Put ebenfalls einen Basispreis von 80, so beträgt bei einem aktuellen Kurs des Basisobjekts von 100 die Moneyness des Calls 1,2 und die des Puts 0,8. Sowohl Calls als auch Puts im Geld besitzen eine Moneyness größer eins, Calls und Puts aus dem Geld besitzen eine Moneyness kleiner als eins und Calls und Puts am Geld besitzen eine Moneyness von eins. Nur wenn die Moneyness größer als eins ist, verfügt der Optionsschein über einen Substanzwert in Höhe des inneren Werts.
Der Break-Even ist zudem nicht geeignet, um verschiedene Optionsscheine miteinander vergleichen zu können. Insbesondere auf Standardwerte oder die gängigen Indizes existieren eine Fülle von Warrants, die durch weitere Kriterien eingegrenzt werden müssen. Schließlich genügt für eine sinnvolle Auswahl nicht der einfache Grundsatz, dass die Laufzeit des Optionsscheins den Zeithorizont des Szenarios übersteigen muss.
Insbesondere steht der Anleger vor der Frage, welche Moneyness der von ihm gewählte Optionsschein besitzen soll. Doch glücklicherweise gibt es einfache Regeln, um die Zahl der aussichtreichsten Calls (Puts) in diesem Sinne weiter einzugrenzen:
- Je länger der Zeithorizont und damit die Laufzeit des Optionsscheins ist, desto niedriger (höher) sollte der Basispreis gewählt werden.
- Je höher die implizite Volatilität des Basisobjekts ist, desto niedriger (höher) sollte der Basispreis sein, wobei der aktuelle Kurs ein Näherungswert für die Obergrenze (Untergrenze) des Basispreises ist.
- Je höher (niedriger) das Kursziel in Relation zum aktuellen Kurs liegt, desto weiter darf man sich mit dem Basispreis aus dem Geld wagen; der Basispreis sollte aber normalerweise unterhalb (oberhalb) des Kursziels bleiben.
Prinzipiell lässt sich folgendes sagen:
1. Wer sich etwas unsicher über die Stärke und die Schnelle der erwarteten Kursbewegung ist, sollte etwas vorsichtiger agieren und lieber zu Scheinen im Geld greifen. Bei diesen schlägt der Zeitwertverlust nicht so stark zu Buche.
2. Je heftiger und je schneller die erwarteten Kursbewegungen vonstatten gehen, um so weniger fällt jedoch der Zeitwertverlust ins Gewicht. Die Entwicklung des Optionsscheinpreises wird in diesem Fall dominiert von den Veränderungen des Basisobjektkurses.
3. Für erfahrene und mit kurzfristigen Spekulationen vertraute Anleger ist es bei einem solchen erwarteten Szenario durchaus sinnvoll, beim Optionsscheinkauf “aggressiver” vorzugehen; das heißt mit anderen Worten: Je nach Höhe der Volatilität darf der Schein auch aus dem Geld liegen und die Laufzeit kann sich streng am Zeithorizont der Spekulation orientieren.
3 Kriterien für die richtige Optionsschein-Wahl
Die Vielzahl der Optionsschein-Kennzahlen ist verwirrend. Lassen Sie sich davon nicht verunsichern! Wirklich wichtig für die Auswahl des am besten geeigneten Optionsscheins sind nur wenige. Hat man gemäß der oben genannten Regeln eine Vorauswahl unter der Vielzahl der vorhandenen Optionsscheine getroffen, gilt es nun anhand bestimmter Kennzahlen den “Besten” zu ermitteln. Dabei sollten die zur Auswahl stehenden Optionsscheine nach folgenden Kriterien sortiert werden:
- Implizite Volatilität des Optionsscheins auf Basis des Briefkurses,
- Spread-Move,
- Theoretischer Hebel (Omega).
Grundsätzlich sollte man Optionsscheine mit der geringsten impliziten Volatilität kaufen, wobei geringe Unterschiede unerheblich sind: Optionsschein A ist kaum besser, nur weil er eine implizite Volatilität von 41,1 Prozent und Optionsschein B eine von 42,0 Prozent hat. Als nächstes gilt es auf den Spread-Move zu achten, vor allem wenn man eher kurzfristig spekuliert. Dieser sollte möglichst gering sein. Gibt es immer noch keinen eindeutigen Favoriten, so wählt man schließlich denjenigen Optionsschein aus, der den größten Theoretischen Hebel besitzt.
Implizite Volatilität
Warum aber ist die implizite Volatilität aus meiner Sicht ein entscheidendes Kriterium bei der Optionsscheinauswahl? Unter Volatilität versteht man die durchschnittlichen Preisschwankungen des Basiswerts. Während die für die Preisbildung eines Warrants relevanten Faktoren entweder zum Emissionszeitpunkt fixiert werden, wie der Basispreis und die Laufzeit, oder vom Kapitalmarkt diktiert werden, wie der Kurs des Basiswertes und der Kapitalmarktzins, hat der Emittent einen gewissen Ermessensspielraum bei der Volatilität, die er für die Preisberechnung heranzieht. Denn: Die implizite Volatilität ist die vom Optionsschein-Emittenten während der Laufzeit des Scheins erwartete Schwankungsintensität des Basisinstruments und damit ein Schätzwert. Die implizite Volatilität kann je nach Restlaufzeit und Basispreis schwanken und ist natürlich auch vom Underlying abhängig.
Wann aber ist eine implizite Volatilität hoch oder niedrig? Es macht in jedem Fall wenig Sinn, die impliziten Volatilitäten verschiedener Aktien oder Underlyings zu vergleichen. So ist eine erwartete Volatilität von 40 Prozent für eine Option auf Technologiewerte wie SAP oder Infineon niedrig und für eine Option auf einen defensiven Standardwert wie Henkel oder Linde hoch. Sinnvoller ist es da schon, die implizite mit der historischen Volatilität zu vergleichen.
Die historische Volatilität errechnet sich aus den zurückliegenden Kursbewegungen des Basisinstruments. Liegt die erwartete Schwankungsbreite über der vergangenen, sind Optionen tendenziell teuer und umgekehrt. Bei ansonsten identischer Ausstattung sollte der Anleger also prinzipiell den Schein bevorzugen, der eine niedrigere implizite Volatilität aufweist.
Profis unter den Optionsscheinanlegern können bei ihrer Auswahl auch ihre Einschätzung für die Entwicklung der impliziten Volatilität heranziehen: Wird eine eher steigende Volatilität erwartet, so können ein höherer Basispreis und eine längere Laufzeit gewählt werden, da das Vega bei diesen Optionsscheinen höher ist. Das heißt mit anderen Worten: Der Optionsscheinkurs reagiert stärker auf Veränderungen der Volatilität. Weiter sollte der Anleger beachten: Je höher die Schwankungsbreite des Underlyings ist, desto gefährlicher ist die Wahl eines Optionsscheins aus dem Geld. Insbesondere bei Warrants auf High-Techs mit oftmals dreistelligen impliziten Volatilitäten macht es wenig Sinn, spekulative Optionsscheine aus dem Geld zu ordern, um einen “höheren Hebeleffekt” zu erzielen. Umgekehrt sollte man in Erwartung einer sinkenden Volatilität auf niedrigere Basispreise und kürzere Laufzeiten zurückgreifen. Doch wann sind steigende, wann sinkende Volatilitäten zu erwarten?
Faustregel
Eine Faustregel lautet, dass in steigenden Märkten die Volatilitäten abnehmen; dasselbe gilt auch für seitwärts laufende Märkte. Fallende Märkte gehen dagegen mit steigenden Volas einher. Natürlich kann man auch die Entwicklung der Volatilitäten betrachten, um ein Gespür dafür zu bekommen, ob die aktuellen Volatilitäten im historischen Vergleich eher als hoch oder eher als niedrig einzustufen sind. Für diesen Zweck eignet sich zum Beispiel der von der Deutschen Börse berechnete VDAX, ein Volatilitätsindex, der auf der Entwicklung der impliziten Volatilitäten von DAX-Optionenen an der EUREX beruht.
Spread-Move
Wer ist der beste Emittent? Diese Frage lässt sich nicht pauschal beantworten, denn die Antwort variiert von Warrant zu Warrant. Um so wichtiger ist es für den Anleger, den Spread im Auge zu behalten. Als Spread wird die Spanne zwischen dem Kaufkurs und dem Verkaufskurs, also zwischen dem Briefkurs und dem Geldkurs bezeichnet. Es ist diese Differenz, die in die Taschen der Emittenten von Finanzmarktprodukten wandert. Für die Einnahmen der Emittenten ist es also im Großen und Ganzen unerheblich, ob das Underlying des emittierten Optionsscheins steigt oder fällt, ob Calls oder Puts gekauft werden; entscheidend ist der Umsatz. Gehen viele Optionsscheine um, dann klingelt die Kasse.
Beachten Sie:
Emittiert eine Bank einen Call auf die Aktie X oder ein Basket-Zertifikat auf die Branche Y, dann bedeutet das nicht unbedingt, dass dieselbe Bank auch eine positive Entwicklung dieser Aktie oder dieser Branche erwartet; es heißt nichts anderes, als dass der Markt diese Produkte nachfragt.
Nun ist es aber keineswegs so, dass die Emittenten alle ihre Produkte mit dem gleichen Spread versehen. Auch variieren die Spreads verschiedener Emittenten bei Optionsscheinen auf die gleichen Underlyings oftmals nicht unerheblich. Tendenziell sind die Spreads höher bei Optionsscheinen auf weniger liquide Aktien und auf Underlyings, auf die es nur wenige Optionsscheine gibt. Dies erklärt sich zum einen daraus, dass der Spread dazu dient, die Transaktions- und Absicherungskosten zu decken – und die sind bei weniger liquiden Titeln höher; zum anderen führt aber mehr Konkurrenz unter den Emittenten natürlich auch zu niedrigeren Spreads. Wer also Optionsscheine miteinander vergleicht, sollte den Spread zu Rate ziehen. Zu diesem Zweck muss man allerdings auf den homogenisierten Spread zurückgreifen, der auf ein Bezugsverhältnis von eins umgerechnet wird. Erst so lassen sich Warrants mit unterschiedlichen Bezugsverhältnissen vergleichen.
Für die Optionsschein-Auswahl eignet sich jedoch am besten der prozentuale Spread-Move. Der Anleger kann mit Hilfe dieser Kennzahl abschätzen, wie stark das Basisobjekt steigen oder fallen muss, damit die Geld-/Brief-Spanne abgedeckt wird. Anders ausgedrückt: Der SpreadMove bezeichnet die Bewegung des Basisobjekts, die nötig ist, um mit dem Optionsschein den Spread zu verdienen.
Böhms Fazit
Wie wählen Sie also den besten Optionsschein aus? Nachdem Sie sich eine bestimmte Meinung gebildet und daraus ein Szenario abgeleitet haben, treffen Sie anhand der Moneyness eine Vorauswahl der geeigneten Optionsscheine. Unter diesen wählen Sie in der beschriebenen Art und Weise mit Hilfe von impliziter Volatilität und theoretischem Hebel die besten Optionsscheine aus. Der Spread-Move schließlich dient als letztes Kriterium, um den geeignetsten Optionsschein herauszusuchen.
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