Optionsschein-Kennzahlen im Check
Diese Optionsschein-Kennzahlen müssen Sie kennen!
Zur Bewertung eines Optionsscheines wurden im Laufe der Zeit eine Vielzahl an Kennzahlen entwickelt. Diese lassen sich in zwei verschiedene Kategorien unterteilen: die statischen und die dynamischen Kennzahlen eines Optionsscheins. Diese stelle ich Ihnen nun selbstverständlich gerne im Detail vor.
Statische Optionsschein-Kennzahlen
Um die Preise verschiedener Optionsscheine qualitativ beurteilen zu können, werden einerseits statische Kennzahlen wie Aufgeld und Hebel herangezogen. Diese machen jedoch nur Optionsscheine mit ähnlicher Ausstattung (Laufzeit, Basispreis etc.) vergleichbar. Bei Vergleichen kann es zudem leicht zu Fehlinterpretationen kommen, da statische Kennzahlen zeitpunktbezogen berechnet werden. Statische Kennzahlen sind daher nur eingeschränkt aussagekräftig.
Aufgeld/Agio
Wussten Sie schon?
Anhand des Aufgeldes können folgende Charakteristika eines Optionsscheines festgestellt werden:
- Das Aufgeld ist umso höher, je weiter ein Optionsschein aus dem Geld liegt (und umgekehrt).
- Das Aufgeld ist umso höher, je länger die Restlaufzeit des Optionsscheines ist.
- Das Aufgeld ist umso höher, je höher die implizite Volatilität des Optionsscheines ist.
Berechnung des Aufgeldes bei einem Call-Optionsschein:
- Agio (in %) = [(OS-Kurs – (UL-Kurs – Basispreis) * BV)/(UL-Kurs * BV)]*100
Berechnung des Aufgeldes bei einem Put-Optionsschein:
- Agio (in %) = [(OS-Kurs – (Basispreis – UL-Kurs) * BV)/(UL-Kurs * BV)]*100
Privatanlegern ist neben dem Hebel wohl das in Prozent angegebene Aufgeld, das synonym auch Agio genannt wird, am geläufigsten. Dieses gibt an, um wie viel Prozent der Kurs des Underlyings steigen (Call) bzw. fallen (Put) muss, damit der Optionsscheinkäufer am Ende der Laufzeit die Kosten der Optionsprämie abdeckt. Mit anderen Worten: Das Aufgeld zeigt an, um wieviel der Kauf eines Basiswertes über einen Optionsschein teurer ist als der Kauf des Basiswertes zum jetzigen Zeitpunkt am Kassamarktmarkt.
Beispiel: Aufgeld bei einem Call
- Basispreis = 65,00 EUR
- UL-Kurs = 62,56 EUR
- Bezugsverhältnis = 0,1
- OS-Kurs = 0,29 EUR
Agio = [(0,29–(62,56–65,00)*0,1)/(62,56*0,1)]*100 = 8,54%
Bei Euro-Optionsscheinen, die zum Bezug von in ausländischen Währungen notierten Underlyings, z.B. amerikanischen Aktien, berechtigen, muss bei der Berechnung des Aufgeldes auch der Währungskurs berücksichtigt werden. In der Berechnungsformel (siehe nachfolgende Infobox) muss dann der Optionsscheinkurs zum aktuellen Wechselkurs in die Fremdwährung umgerechnet werden.
Beispiel: Aufgeld bei einem Call
- Basispreis = 50,00 USD
- UL-Kurs = 55,52 USD
- Bezugsverhältnis = 0,1
- OS-Kurs = 0,54 EUR
- 1 EUR = 1,1780 USD
Agio = [(0,54*1,1780–(55,52–50,00)*0,1)/(55,52*0,1)]*100 = 1,46%
Wollen Sie daher verschiedene Optionsscheine anhand des Agios vergleichen, dann müssen Sie darauf achten, dass diese hinsichtlich Restlaufzeit, Basispreis und Volatilität ähnlich ausgestattet sind. Ansonsten ist ein Vergleich nicht sinnvoll.
Jährliches Aufgeld/Agio
Der Einfluss der Restlaufzeit bei Optionsschein-Vergleichen mittels Agio kann durch die Bildung des jährlichen Aufgeldes ausgeblendet werden. Nach Definition gibt das jährliche Agio (in Prozent) an, welcher jährliche Kursanstieg (Call) bzw. Kursrückgang (Put) des Underlyings notwendig ist, um bei Laufzeitende das Optionsrecht ohne Verluste ausüben zu können. Auch das jährliche Aufgeld berücksichtigt jedoch nicht die Einflussgrößen Basispreis und Volatilität. Dies sollten Sie bei Verwendung dieser Kennzahl bedenken.
Beispiel: Jährliches Aufgeld/Agio
Jährliches Agio (in %) = (Agio (in %)/Restlaufzeit in Tagen)*360
Break-Even-Kurs
Eng verwandt mit dem Aufgeld ist der Break-Even-Kurs. Dieser gibt an, bei welchem Underlying-Kurs unter Berücksichtigung der gezahlten Optionsprämie eine verlustfreie Ausübung des Optionsrechtes möglich ist. Ab dem Break-Even-Kurs würde sich also die Ausübung der Option lohnen. Analog zur Vorgehensweise bei der Berechnung des Agios muss bei Optionsscheinen, die zum Bezug von nicht in Euro notierten Underlyings berechtigen, der Wechselkurs berücksichtigt werden. Transaktionskosten etc. werden nicht eingerechnet.
Beispiel: Break-Even bei einem Call und einem Put
Break-Even bei einem Call:
- Basispreis = 100,00 EUR
- OS-Kurs = 0,89 EUR
- Bezugsverhältnis = 0,05
Break-Even-Kurs = 100,00+(0,89/0,05) = 117,80 EUR
Break-Even bei einem Put:
- Basispreis = 80,00 EUR
- OS-Kurs = 0,72 EUR
- Bezugsverhältnis = 0,1
Break-Even-Kurs = 80,00–(0,72/0,1) = 72,80 EUR
Parität/Innerer Wert
Die Parität ist gleichbedeutend mit dem Inneren Wert eines Optionsscheins und gibt an, ob und wie weit ein Optionsschein im Geld oder aus dem Geld ist. Die Parität zeigt somit an, welchen positiven oder negativen inneren Wert der Warrant aufweist.
Beispiel: Parität bei einem Call und bei einem Put
Parität bei einem Call:
- Basispreis = 55,00 EUR
- UL-Kurs = 51,40 EUR
- Bezugsverhältnis = 0,1
Parität = (51,40-55,00)*0,1 = –0,36 EUR
Parität bei einem Put:
- Basispreis = 45,00 EUR
- UL-Kurs = 42,65 EUR
- OS-Kurs = 0,29 EUR
- Bezugsverhältnis = 0,1
Parität = (45,00-42,65)*0,1 = 0,24 EUR
Eine Ausübung des Calls ist im Beispiel nicht sinnvoll, da die Aktie am Kassamarkt billiger gekauft werden kann. Im Fall des Puts im Beispiel würde der Investor bei Ausübung des Optionsscheins einen Ertrag von 0,24 Euro erhalten. Unter Berücksichtigung der gezahlten Optionsprämie von 0,29 Euro würde dennoch ein Verlust von 0,05 Euro entstehen. In diesem Falle ist also eine Ausübung nicht sinnvoll. Wenn der Investor für die Restlaufzeit kein Abwärtspotenzial für die Aktie im Beispiel mehr sieht, ist statt der Ausübung der Verkauf die bessere Alternative, da dann auch der noch vorhandene Zeitwert vereinnahmt werden kann.
Bei Optionsscheinen auf ausländische Underlyings muss wiederum der Wechselkurs berücksichtigt werden: Bei sofortiger Ausübung entsteht ein Ertrag von 1,60 Euro. Bei einem OS-Kurs von 2,22 Euro würde dennoch ein Nachteil im Vergleich zu einem Kauf am Aktienmarkt entstehen. Eine Ausübung ist daher nicht sinnvoll.
Hebel
Der Eigenschaft von Optionsscheinen, bei im Vergleich zum Direkt-Investment geringerem Kapitaleinsatz eine Hebelwirkung zu erzielen, verdanken diese ihre große Beliebtheit bei spekulativen Anlegern. Vielen Investoren ist die Bedeutung des Hebels oder Gearing jedoch nicht ganz klar, zumal in der Fachwelt und auch in der Literatur verschiedene Begriffe verwendet werden. Ist von einem Hebel, einem einfachen Hebel oder dem englischen Gearing die Rede, so ist folgender Quotient gemeint:
Beispiel: Hebel/Gearing
Hebel = (UL-Kurs*Bezugsverhältnis)/OS-Kurs
Die oft in der Literatur dargestellte Multiplikator-Wirkung des Hebels wird von Laien jedoch oft missverstanden. In unserem ersten Beispiel könnte ein unbedarfter Leser den Eindruck gewinnen, dass der Optionsscheinkurs um 27,90 Prozent zulegen werde, wenn der DAX um ein Prozent steigen würde. Eine derartige quantitative Aussage ist mit Hilfe des einfachen Hebels jedoch nicht möglich, da das sogenannte Delta (dazu gleich mehr), welches die Reagibilität zwischen der Veränderung des Optionsscheinkurses in Abhängigkeit von Veränderungen des Basiswertes berücksichtigt, völlig außer Acht gelassen wird. Die Aussagekraft des einfachen Hebels ist in diesem Zusammenhang gering.
Theoretischer Hebel
Beispiel: Theoretischer Hebel
Theoretischer Hebel = [(UL-Kurs*Bezugsverhältnis)/OS-Kurs]*Delta = einfacher Hebel*Delta
Wesentlich aussagekräftiger als der einfache Hebel ist der sogenannte theoretische Hebel, auch Leverage genannt. Der theoretische Hebel misst die tatsächliche prozentuale Änderung des Optionsscheinkurses bei einer einprozentigen Änderung des zugrundeliegenden Basiswertes. Das Delta ist eine dynamische Kennzahl, welche die Elastizität des Optionsscheinkurses bei Veränderungen des UL-Kurses beschreibt (dazu gleich mehr). Der theoretische Hebel ermöglicht damit eine Aussage darüber, um wie viel ein Investment in Optionsscheinen im Vergleich zu einer Direktanlage im Underlying (bei gleichem Kapitaleinsatz) stärker schwankt. Dies gilt natürlich für Kursschwankungen nach oben und unten gleichermaßen.
Beachten Sie diese Charakteristika bei Hebeln:
Bei weit im Geld stehenden Optionsscheinen stimmen die beiden Hebel überein. Schon bei weniger weit im Geld stehenden Optionsscheinen sowie bei aus dem Geld stehenden Warrants weichen beide Größen voneinander ab. Diese Abweichungen werden umso größer, je weiter der Optionsschein aus dem Geld ist.
Dieses Ergebnis lässt sich auch leicht in Übereinstimmung mit dem Verhalten der Anleger bringen. Bei einem weit aus dem Geld stehenden Optionsschein ist das Risiko des Verlusts des eingesetzten Kapitals sehr hoch. Daher ist der Anleger in der Regel nicht bereit, bei einer Kurssteigerung des Basisobjektes dem Warrant die gleiche Wertsteigerung zuzubilligen. Dies bedeutet, dass vor allem bei diesen Scheinen die Veränderung des Optionsscheinkurses und die Veränderung des Underlyingkurses weit auseinander liegen. Zugleich wird deutlich, dass der theoretische Hebel eine bessere Annäherung liefert.
Folgende Sachverhalte sollten bei der Beurteilung von Optionsscheinen durch Hebelkennzahlen Beachtung finden:
- Wenn ein Hebel sehr groß ist, notiert der Warrant weit aus dem Geld und verfügt zumeist nur über eine kurze Restlaufzeit. In diesem Falle muss bei Investitionsentscheidungen der Zeitwertverfall bedacht werden.
- Im ungünstigsten Falle kann es dem Anleger passieren, dass Kurssteigerungen des Basisobjektes durch Kursverluste aufgrund des Zeitwertverfalls kompensiert werden.
- Da sich der Optionsscheinkurs gegen Laufzeitende dem inneren Wert annähert, was am Abbau des Aufgeldes sichtbar wird, besteht die Gefahr, dass sich Anleger von niedrigen Aufgeldern und hohen Hebeln täuschen lassen.
- Somit wird deutlich, dass statische Kennzahlen allein nur eine mangelhafte Entscheidungsgrundlage liefern.
Dynamische Optionsschein-Kennzahlen
Im Gegensatz zu den statischen Kennzahlen erfassen dynamische Kennzahlen Veränderungen des Optionspreises in Abhängigkeit von Veränderungen bestimmter Einflussgrößen wie z.B. des Underlying-Kurses. Sie erlauben damit eine Prognose zukünftiger Preisentwicklungen bei Optionsscheinen.
Delta
Eine für die Prognose von Preisbewegungen bei Optionsscheinen sehr wichtige Kennzahl ist das bereits oben angesprochene Delta. Das Delta gibt die Veränderung des Optionsscheinpreises in Abhängigkeit von der Kursveränderung des Underlyings an. Aus rein mathematischer Sicht ist das Delta die erste Ableitung des Optionsscheinkurses nach dem Underlyingkurs. Das Delta kann bei Call-Optionsscheinen Werte zwischen 0 und +1 annehmen, bei Put-Optionsscheinen schwankt das Delta zwischen 0 und –1.
Beispiel: Delta
Delta = (Veränderung OS-Kurs / Bezugsverhältnis) / Veränderung UL-Kurs
Somit wird deutlich: Das Delta ist keine Konstante. Mit den Preisschwankungen des Underlyings verändert sich auch das Delta. Das Delta ist umso größer, je tiefer eine Option im Geld ist. Umgekehrt tendiert das Delta gegen Null, je weiter die Option aus dem Geld ist. Das Delta wird auch als Sensitivitätsmaß für einen Optionsschein bezeichnet. Je höher das Delta ist, umso mehr folgt der Optionsschein den Bewegungen des Basisinstruments und umgekehrt. Das Delta ermöglicht es zudem, präzise Anlagestrategien zu verfolgen.
Beispiel
Erwartet ein Investor hohe Kursausschläge, ist sich jedoch nicht sicher, ob ein Ausschlag nach oben oder unten erfolgt, so verspricht ein sogenannter Straddle Erfolg. Dies ist der gleichzeitige Kauf eines Calls und eines Puts mit gleichem Bezugskurs und gleicher Laufzeit.
Steigt nun das Underlying, so legt der Call mit steigendem Delta überproportional zu, während der Put aufgrund seines abnehmenden Deltas relativ weniger an Wert verliert. Kursgewinne beim Call werden also nur teilweise durch Kursverluste beim Put aufgezehrt. Auf der Verliererseite steht der Anleger nur dann, wenn die erwarteten Kursausschläge ausbleiben und der Zeitwertverlust der Optionsscheine zum Tragen kommt.
Doch zurück zu unserem Beispiel: Nicht jede Kombination von Calls und Puts führt zu gleichen Ergebnissen. Bei völliger Neutralität hinsichtlich der Kursentwicklung wird üblicherweise mit sogenannten „delta-neutralen“ Gesamtpositionen gearbeitet, d.h. das Delta des Calls und das Delta des Puts sind – absolut gesehen – identisch.
Am einfachsten nachvollziehbar wird unser Beispiel, wenn wir einen absoluten Deltawert von 0,50 für den Call und -0,50 für den Put voraussetzen. Der Einfachheit halber nehmen wir ein Bezugsverhältnis von 1 an. Steigt nun das Underlying um einen Punkt, so steigt der Wert des Calls um 0,5 Punkte, während der Put um 0,5 Punkte fällt. Zugleich nimmt der Wert des Call-Deltas zu, während der Wert des Put-Deltas fällt. Steigt das Underlying weiter, so legt der Call entsprechend um einen Wert, der größer als 0,5 Punkte ist, zu, während der Put im Gegenzug weniger als 0,5 Punkte an Wert verliert.
Ist es einmal nicht möglich, eine delta-neutrale Gesamtposition direkt einzugehen, so kann die Variation der Stückzahl Abhilfe schaffen. Besitzt ein Call ein Delta von 0,72 und ein Put ein Delta von –0,31, so haben 100 Calls einen Deltawert von 72. Durch den Kauf von 232 Puts ergibt sich ein Deltawert von –71,92. Wählt man diese Mischung, so ist die Delta-Neutralität wieder annähernd gewährleistet.
Es lassen sich jedoch auch andere Strategien mit Hilfe des Deltas verwirklichen. Ein Anleger, der steigende Kurse erwartet, sich jedoch gegen eine kleinere Konsolidierung absichern will, kann dies tun, indem er zu seinem Call einen Put mit einem – absolut gesehen – niedrigeren Delta hinzukauft. Kommt es zu Kurssteigerungen, so fällt der Wertverlust des Puts entsprechend niedriger aus. Umgekehrt gilt jedoch gleichermaßen, dass im Falle des Eintretens der Konsolidierung der Wertverlust des Calls durch den Wertgewinn des Puts nicht in gleichem Maße ausgeglichen wird.
Gamma
Im Abschnitt zuvor stellten wir fest, dass das Delta keine Konstante ist. Nun kann es von Interesse sein, festzustellen, wie sich das Delta in Abhängigkeit der Kursveränderungen des Underlyings verändert. Diese Veränderung misst das sogenannte Gamma. Je höher das Gamma ist, umso größer sind die Veränderungen des Deltas, wenn sich der Kurs des Underlyings verändert. Das Gamma hat bei Optionsscheinen, die am Geld sind, den größten Wert. Das Gamma errechnet sich als erste Ableitung des Deltas nach dem Underlyingkurs bzw. synonym als zweite Ableitung der Veränderung des Optionsscheinkurses in Abhängigkeit von der Veränderung des Underlyings.
Omega
In der Fachliteratur wird vielfach eine Kennzahl „Omega“ verwendet, welche die prozentuale Veränderung des Optionsscheinpreises in Abhängigkeit von der prozentualen Veränderung des Underlyings misst. Das Omega errechnet sich aus dem Produkt von einfachem Hebel und Delta. Damit wird deutlich: Das Omega ist identisch mit dem theoretischen Hebel, den wir bereits besprochen haben.
Vega
Das Vega – in manchen Publikationen wird synonym Kappa verwendet – ist eine Maßzahl, die die Veränderung des Optionsscheinpreises in Abhängigkeit von einer Veränderung der impliziten Volatilität des Underlyings widerspiegelt. Das Vega wird als erste Ableitung der Veränderung des Optionsscheinpreises nach der impliziten Volatilität berechnet.
Bei langlaufenden Optionen verhält sich das Vega nahezu linear. In der Praxis bedeutet dies, dass aus einer Änderung der impliziten Volatilität um ein Prozent eine fast konstante Veränderung des Optionsscheinpreises resultiert. Ist das Vega hoch, so reagiert der Optionsscheinkurs bereits bei kleinen Veränderungen der impliziten Volatilität sehr stark.
RHO
Vielfach ein Schattendasein fristet das Rho. Diese Kennzahl misst die Veränderung des Optionsscheinpreises in Abhängigkeit von Zinsveränderungen. Wie eingangs erläutert, ist auch der Kapitalmarktzins ein wichtiger Einflussfaktor bei der Preisbildung von Optionsscheinen. Steigende Zinsen führen zu steigenden Preisen bei Calls bzw. fallenden Preisen bei Puts und umgekehrt.
Theta
Beispiel: Theta
Theta (linearisiert) = (Optionsscheinkurs – Innerer Wert)/Restlaufzeit
Ein Maß für den Zeitwertverfall einer Option ist das Theta. Dieses gibt ceteris paribus (d.h. alle anderen Einflussfaktoren wie Underlyingkurs, Zinssatz, etc. bleiben konstant) an, um wie viel Prozent der Optionsschein während einer bestimmten Zeitperiode in Abhängigkeit der Restlaufzeit an Wert verliert.
Wie ersichtlich ist, weisen herkömmliche Optionsscheine aufgrund der Annäherung des Zeitwertes an den inneren Wert der Option immer einen Zeitwertverlust auf, der gegen Ende der Laufzeit stark zunimmt. Das Theta, das als Ableitung des Optionsscheinpreises nach der Zeit berechnet wird, kann auch näherungsweise berechnet werden (siehe die Formel zum linearisierten Theta). Benutzt man die linearisierte Formel, so sollte beachtet werden, dass das Theta nicht genau ermittelt wird, sondern nur näherungsweise. Gegen Laufzeitende nimmt die Genauigkeit zu.
Totalverlustwahrscheinlichkeit
Zudem kann eine Wahrscheinlichkeit für den Totalverlust des eingesetzten Kapitals berechnet werden. Die Gewinn-Verlust-Funktion verdeutlicht die drei Intervalle, die ein Optionsschein am Laufzeitende durchlaufen kann. Es besteht folgender Zusammenhang zwischen Optionsscheinpreis und Verlustrisiko: Je höher der Basispreis ist und der Optionsschein damit aus dem Geld steht, umso niedriger ist der Optionsscheinkurs. Damit verliert der Anleger betragsmäßig weniger Geld bei einem Totalverlust. Allerdings ist bei einer solchen Option das Verlustrisiko größer und damit die Gewinnchance zwangsläufig kleiner.
Umgekehrt steigt bei im Geld stehenden Optionsscheinen die Gewinnchance, aber zugleich auch der Optionspreis. Damit ist das Verlustrisiko niedriger, der betragsmäßige Verlust bei einem ungünstigen Ausgang des Geschäfts jedoch höher. Beim Kauf eines Optionsscheins sollte also nicht nur auf eine „faire“ Bewertung geachtet werden, sondern auch das Chance/Risiko-Profil bedacht werden. Optionsscheine mit einer Totalverlustwahrscheinlichkeit von über 70 Prozent sollten sich nur äußerst risikofreudige Anleger zulegen, die einen Verlust des eingesetzten Kapitals verkraften können.
Spread-Move
Eine wichtige Rolle bei der Optionsschein-Auswahl spielt der prozentuale Spread-Move. Der Anleger kann mit Hilfe dieser Kennzahl abschätzen, wie stark das Basisobjekt steigen oder fallen muss, damit die Geld-/Brief-Spanne abgedeckt wird. Anders ausgedrückt: Der Spread-Move bezeichnet die Bewegung des Basisobjekts, die nötig ist, um mit dem Optionsschein den Spread zu verdienen. Die Berechnung des Spread-Moves geschieht einfach, indem der homogenisierte Spread durch das Delta dividiert wird.
Beispiel
Ein Call-Optionsschein wird 1,37 zu 1,41 Euro (Spread: 0,04 Euro) gestellt und:
- das Delta beträgt 0,77
- das Bezugsverhältnis 0,01.
Dann errechnet sich ein (absoluter) Spread-Move von: (0,04 / 0,01) / 0,77 = 5,19 Euro.
Das Basisobjekt müsste folglich um 5,19 Euro steigen, damit der Spread verdient wäre. Doch mit dem absoluten Spread-Move lassen sich noch nicht zwei Optionsscheine miteinander vergleichen; dafür wird der prozentuale Spread-Move benötigt. Ihn erhält man, indem der absolute Spread-Move zum Kurs des Underlyings in Beziehung gesetzt wird. Angenommen das Basisobjekt notiert in unserem Beispiel bei 300 Euro, dann beträgt der Spread-Move gerade einmal 1,73 Prozent des Basisobjektkurses. Anhand dieser Kennzahl lässt sich nun feststellen, ob überhaupt eine Chance besteht, einen Trading-Gewinn zu erzielen.
2. Beispiel - ein anderer Optionsschein besitzt ebenfalls:
- einen homogenisierten Spread von vier Euro.
- das Delta beträgt 0,10.
- der Underlyingkurs 50 Euro.
In diesem Fall beträgt der Spread-Move 80 Prozent! Das Basisobjekt hat sich also schon nahezu verdoppelt, bevor der Optionsschein überhaupt in die Gewinnzone gelangt. Solche enorme Kursbewegungen sind vor allem bei weit aus dem Geld befindlichen Optionsscheinen notwendig. Unerfahrene Anleger greifen gerne zu diesen Optionsscheinen, weil sie einen hohen Hebel besitzen. Der prozentuale Spread-Move ist folglich eine wichtige Kennzahl, um die Erfolgschancen eines Optionsscheininvestments zu erkennen.
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