Emerging Markets: Definition und Geschichte
Was sind Emerging Markets?
Neulich fragte mich einer meiner Böhms-DAX-Strategie-Leser: „Ich habe gelesen, dass Anleger in den Emerging Markets besonders hohe Gewinne erzielen können. Können Sie mir erklären, worum es sich bei Emerging Markets handelt und welche Chancen und Risiken ich als Anleger beachten muss?“ Meine Antwort auf diese Frage stelle ich Ihnen hier zur Verfügung.
Emerging Markets: Aktienmärkte der Schwellenländer
Mit Emerging Markets werden im Allgemeinen Aktienmärkte der sogenannten Schwellenländer tituliert. Dabei wiederum handelt es sich um Staaten, die sich in einer Zwischenstation von Entwicklungsländern hin zu Industrienationen befinden. Schwellenländer sind durch eine aufstrebende (engl.: emerging) Wirtschafts-entwicklung und demzufolge häufig durch ein sehr hohes Wirtschaftswachstum gekennzeichnet. Das erhoffte Schließen der wirtschaftlichen Lücke zu den etablierten und reiferen Industrienationen erfordert höhere Wachstumsraten. Dies trifft beispielsweise aktuell auf Länder wie Indien, Mexiko, Malaysia, Südafrika und viele andere zu. Die Märkte dieser verschiedenen Staaten werden unter dem Begriff Emerging Markets zusammengefasst.
Emerging Markets: Was sind BRIC-Staaten?
Bekannt wurde die Bezeichnung zu Beginn der 80er Jahre, wobei der Begriff Emerging Markets seinen Ursprung nicht im Finanz- und Wirtschaftsbereich hat, sondern aus der Politik stammt. Schnell fand allerdings eine Übertragung auf die Finanzmärkte statt, wo die Bezeichnung für einen „aufstrebenden Markt“ steht. Die wohl bekanntesten Emerging Markets stellen die sogenannten BRIC-Staaten dar, zu denen Brasilien, Russland, Indien und China gehören. Diese Abkürzung wurde 2001 vom damaligen Chefvolkswirt der Investmentbank Goldman Sachs, Jim O'Neill, geprägt.
Die schubladenmäßige Abgrenzung zwischen Industrieländern, Schwellenländern und Entwicklungsländern ist umstritten. Besser wäre es jedes Land in Bezug auf seinen Entwicklungsstand für sich zu betrachten. Viele sind z.B. der Ansicht, dass China mittlerweile nicht mehr als Schwellenland, sondern als Wirtschaftsnation zu betrachten sei. Die Weltbank sortiert China allerdings weiterhin als Emerging Market ein.
Zu den "Advanced Economies" (Industrieländer) zählen nach der Klassifizierung der Weltbank in Ostasien neben Japan lediglich Südkorea, Taiwan, Hongkong und Singapur. Das ist nachvollziehbar, denn der Status eines Industrielandes wird keineswegs nur durch den Grad der Industrialisierung bestimmt: Einkommensverteilung, Infrastruktur, Umweltschutz und viele andere Faktoren spielen ebenfalls eine Rolle.
Die Emerging Markets Risiken
Grundsätzlich ist ein Investment in Emerging Markets immer mit einem überdurchschnittlich hohen Risiko verbunden. Die wirtschaftliche Entwicklung eines Schwellenlandes ist zwar dynamischer als bei einem Industrieland, aber sie ist auch holpriger, ungleichmäßiger und stärkeren Schwankungen unterworfen. Das führt dazu, dass es auch an den Börsen der Emerging Markets eine höhere Volatilität (Schwankungsbreite) gibt. Als Anleger in den Emerging Markets müssen Sie daher damit rechnen, dass Ihre Investments z.B. in Aktien ins Minus rutschen können. Die Wahrscheinlichkeit von – zumindest vorübergehenden – Verlusten ist höher als wenn Sie z.B. in deutsche Aktien investieren.
Darüber hinaus gibt es einige spezifische Risiken, mit denen Sie bei Investments in den Emerging Markets rechnen müssen, wie zum Beispiel dem Währungsrisiko der jeweiligen Landeswährung oder auch politischen Risiken. Wenn Sie z.B. in Aktien eines Emerging Markets investieren, dann tun Sie dies in der Regel in der jeweiligen Landeswährung. Allerdings werten insbesondere Währungen der Schwellenländer häufig ab. Das liegt z.B. an der zumeist höheren Inflation in diesen Ländern sowie an einer schlechten Geldpolitik. Institutionen wie z.B. die für die Geldpolitik notwendigen Notenbanken arbeiten häufig nicht so ineffizient wie die in den Industrieländern.
Das gilt auch für die häufig instabile Politik. Korruption, gewaltsame politische Machtwechsel und eine allgemeine Unsicherheit in Bezug auf die rechtlichen Rahmenbedingungen können sich negativ auf die wirtschaftliche Entwicklung auswirken. So verschrecken die Regierungen der Emerging Markets Investoren oftmals durch abrupte Änderungen im Steuerrecht oder Unternehmen haben es schwer berechtigte Interessen wie z.B. einen Patentschutz vor Gericht durchzusetzen. Unerwartete politische Veränderungen wie z.B. Regierungswechsel können daher zu einem Kurs-Sturz an den Börsen führen – und damit für Sie als Anleger zu Verlusten.
Die Emerging Markets Chancen
Den Risiken der Emerging Markets stehen allerdings auch Chancen auf besonders hohe Gewinne gegenüber. Emerging Markets kennzeichnen sich nämlich fast immer dadurch, dass die entsprechenden Schwellenländer ein sehr starkes Wirtschaftswachstum verzeichnen. China z.B. ist von 1998 bis 2015 mit einer Jahresrate von mehr als 9 Prozent gewachsen. Die "Advanced Economies" (das entspricht den Industrieländern) in der Abgrenzung des Internationalen Währungsfonds IWF sind von 1998 bis 2007 im Durchschnitt gerade einmal um 2,8 Prozent pro Jahr gewachsen und von 2008 bis 2017 hat sich die Wachstumsrate sogar auf 1,2 Prozent verringert (für 2016 und 2017 basieren die Daten auf Prognosen). In der Grafik unten sehen Sie die unterschiedlichen Wachstumsraten pro Jahr für die beiden Ländergruppen im Vergleich.
Teilweise steigt die Wirtschaftskraft in den Emerging Markets im Jahresvergleich sogar im zweistelligen Prozentbereich. Daher ist insbesondere in den Anfangsjahren der sehr positiven Entwicklung ein regelrechter Börsenboom zu erkennen. In einer solchen Phase können Sie als Anleger leicht Durchschnittsrenditen von 10, 20 oder sogar mehr als 30 Prozent pro Jahr erzielen. So hat sich z.B. der Hang-Seng China Enterprises Index, in dem die an der Börse in Hongkong notierten China-Aktien zusammengefasst sind, von 2003 bis 2007 verneunfacht! Danach bewegte sich der Index aber unter großen Schwankungen seitwärts und notiert auch 2016 noch weit unter seinem Hoch des Jahres 2007.
Böhms Praxistipp
Die Investition in Emerging Markets kann sich für Sie lohnen, ist jedoch mit einem erhöhten Risiko verbunden. Sie sollten die Märkte daher sehr genau selbst beobachten und analysieren bevor Sie sich für ein Investment entscheiden. Wenn Ihnen dazu die Zeit und das Knowhow fehlen, sollten Sie Analysen von unabhängigen Experten wie dem Emerging Markets Trader, denen Sie vertrauen, zurate ziehen.
Aber auch in diesem Fall gilt: Eine gute Risikostreuung ist dabei das A und O. Das bedeutet, Sie sollten keinesfalls nur auf einzelne Aktien aus einzelnen Ländern setzen. Investieren Sie in mehrere Aktien aus möglichst unterschiedlichen Ländern. Fallen die Aktienkurse in einem Land zurück, dann können Gewinne in anderen Ländern diese Verluste ausgleichen.
Das Investment in Fonds hat in diesem Sinne durchaus seine Vorzüge, da diese auf breiter Basis in den Markt investieren. Indexfonds (ETFs) bieten hier eine kostengünstige Alternative zum Kauf klassischer aktiv gemanagter Aktienfonds. So ermöglichen viele Fondsgesellschaften über ETFs z.B. ein Investment in den MSCI Emerging Markets Index.
Lesen Sie hierzu meinen Artikel "Emerging Markets ETF - diese Vorteile bietet ein Investment"!
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