Bruttoinlandsprodukt richtig interpretieren
Welche Informationen liefert das BIP?
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist die Summe aller im Inland für den Endverbrauch erzeugten Waren und Dienstleistungen. Dabei ist es gleich, ob diese Produkte durch Inländer oder Ausländer hergestellt werden. Das Bruttoinlandsprodukt (englisch: Gross Domestic Product - GDP) ist damit eine Maßzahl für die in einer Volkswirtschaft in einem bestimmten Zeitraum erbrachte Leistung.
Die Interpretation des BIPs
Die Berechnung des BIPs erfolgt auf Basis der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, die ein in sich geschlossenes System darstellt, durch das alle Transaktionen in einer Volkswirtschaft erfasst werden. Dieses System ist heutzutage international soweit standardisiert, dass auch der Vergleich verschiedener Länder ohne allzu große Probleme möglich ist.
Dennoch sollte man Überinterpretationen vermeiden und das BIP nicht als Maß für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit oder gar für den Wohlstand eines Landes ansehen. Schließlich werden nicht alle erbrachten Leistungen in einem Land auch statistisch erfasst, wie zum Beispiel die Hausarbeit, die Schwarzarbeit oder die landwirtschaftliche Produktion für den Eigenbedarf. Die unterschiedliche Bedeutung dieser Phänomene in verschiedenen Ländern kann den Leistungsvergleich anhand des BIPs stark verzerren.
Entstehungs- und Verwendungsseite
Bei der Interpretation des BIPs ist es darüber hinaus wichtig, zwei Seiten zu betrachten: Nämlich die Entstehungs- und die Verwendungsseite, beide Seiten sind stets gleich groß! Auf der Entstehungsseite ergibt sich das BIP im Wesentlichen als Summe aus der Bruttowertschöpfung der einzelnen Wirtschaftszweige. Wächst die Wirtschaft, so ist es wichtig zu wissen, in welchen Branchen dieses Wachstum statt findet. Daraus ergibt sich auch der Strukturwandel in der Wirtschaft.
Auf der Verwendungsseite teilt sich das BIP auf in den Privaten Konsum, den Staatsverbrauch, die Ausrüstungs- und die Bauinvestitionen, die Vorratsveränderungen und den Außenbeitrag. Der Außenbeitrag ist die Differenz zwischen den Exporten und Importen eines Landes, er kann also positiv oder negativ ausfallen. Wie das BIP verwendet wird, bestimmt die Nachfrage: So hat es wirtschaftspolitisch eine ganz andere Bedeutung, ob das Wachstum in erster Linie vom Privaten Verbrauch getragen wird, wie in den USA, oder von den Exporten und damit dem Außenbeitrag, wie in Deutschland.
Wachstum ist nicht gleich Wachstum
Das BIP wird jährlich und vierteljährlich berechnet, wobei die Veröffentlichung einer ersten Schätzung etwa einen Monat nach dem Ende des Quartals erfolgt. Die Veränderungsraten des BIP geben das Wirtschaftswachstum eines Landes wieder, wobei zur sinnvollen Berechnung entsprechender Wachstumsraten nur saisonal und arbeitstäglich bereinigte Daten verwendet werden dürfen. Darüber hinaus interessieren in erster Linie die realen Veränderungen in einer Wirtschaft, weshalb die Preisveränderungen, sprich die Inflation, aus den Daten heraus gerechnet werden.
Annualisierte Veränderungsraten
International gibt es noch einen Unterschied bei der Berechnung von Wachstumsraten: Während in den meisten Ländern, so auch in Deutschland, die Veränderung des BIPs gegenüber dem jeweiligen Vorquartal und gegenüber dem entsprechenden Quartal des Vorjahres berechnet und als Wachstumsrate veröffentlicht wird, werden in den USA so genannte annualisierte Wachstumsraten verwendet. Das bedeutet, dass die saisonbereinigte Veränderungsrate gegenüber dem Vorquartal auf eine Jahreswachstumsrate hochgerechnet wird.
Böhms Praxistipp
Es empfiehlt sich bei der Interpretation der BIP-Daten, auf beide Wachstumsraten zu achten: Die Veränderungsraten gegenüber dem Vorquartal sind natürlich volatiler, geben aber einen guten Eindruck von der aktuellen Dynamik der Volkswirtschaft. Die Veränderungsraten gegenüber dem Vorjahr sind dagegen stabiler und eignen sich eher zur Beurteilung des mittelfristigen Wachstumspfads der Volkswirtschaft.
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