Gold – Das wird den Preis weiter nach oben treiben!
Warum die Nachfrage nach Gold weiter steigt...
(Lars Erichsen) In der letzten Woche ist der Goldpreis nach oben gesprungen, in US-Dollar gemessen wurde sogar ein neues Allzeithoch erreicht. Anlass war die Ankündigung der US-Notenbank, den Leitzins voraussichtlich nicht weiter anzuheben. Das zeigte einmal mehr, wie stark die Zinsentwicklung den Goldpreis beeinflusst.
Der Grund ist relativ simpel: Gold konkurriert bei Investoren u.a. mit festverzinslichen Anlagen wie Anleihen. Mehr noch als der voraussichtliche Verzicht auf Zinserhöhungen gibt Gold daher die Erwartung vieler Marktakteure Auftrieb, dass die Zinsen und damit auch die Anleiherenditen bald wieder sinken könnten. Ob sich diese Erwartung erfüllt, ist allerdings unsicher und hängt nicht zuletzt von der Entwicklung der Konjunktur ab, nicht nur in den USA, sondern auch im Rest der Welt.
Einfach ist das Zusammenwirken der Einflüsse auf den Goldpreis nicht und es ist auch viel Spekulation im Spiel, was sich nicht zuletzt daran zeigt, dass der Goldpreis das Rekordniveau nicht halten konnte. Das Hin und Her bei den Erwartungen zu Konjunktur, Zinsen und Inflation dürfte sich in den nächsten Monaten fortsetzen und den Goldpreis weiter schwanken lassen.
Für langfristig orientierte Anleger ist die Frage wichtiger: Was beeinflusst den Goldpreis über solche Tagesstimmungen hinaus, also auf Dauer? Darüber geben die jüngsten Zahlen der Branchenverbands World Gold Council zur Entwicklung der Nachfrage nach und des Angebots an Gold im 1. Quartal einigen Aufschluss.
Nachdem die Goldnachfrage im Jahr 2022 auf den höchsten Stand seit 2011 gestiegen ist, gab es im 1. Quartal 2023 insbesondere bei den Gold-ETFs und in der Industrienachfrage Rückgänge. Aus den Gold-ETFs waren sogar das vierte Quartal in Folge Abflüsse zu verzeichnen, nachdem es im 1. Quartal 2022 durch den Schock des Ukraine-Kriegs einen starken Anstieg gegeben hatte. Unter dem Strich, das heißt über alle Nachfragekomponenten hinweg, war die Goldnachfrage allerdings im Vergleich zum Vorjahresquartal kaum verändert.
Angebot und Nachfrage sind breit gefächert
Das ist bereits eine wichtige Erkenntnis für Langfristanleger: Die Nachfrage und auch das Angebot sind breit gestreut. Das sorgt dafür, dass sich unterschiedliche Entwicklungen in verschiedenen Bereichen nicht selten gegenseitig aufheben, Nachfrage und Angebot entwickeln sich dadurch vergleichsweise stabil. Bei anderen Edelmetallen wie Silber, Platin und Palladium ist das weniger der Fall.
Nicht nur bei der Nachfrage, auf die ich gleich noch im Detail eingehen werde, auch beim Angebot zeigt sich diese Streuung: Gold wird in vielen Ländern aus der Erde geholt, die Produktion verteilt sich auf alle Weltregionen, wobei sich der Schwerpunkt in den letzten Jahrzehnten von Afrika nach Asien verschoben hat. Dazu kommt das Angebot an Altgold und aus Recycling, das relativ konstant etwa 35 Prozent des weltweiten Goldmarktes ausmacht.
Bei der Nachfrage stehen meist die Finanzinvestoren und deren Motive im Blickpunkt, weil sich deren Verhalten schnell verändern kann und dadurch meist für die kurzfristigen Preisbewegungen verantwortlich ist. Tatsächlich stammen aber 65 bis 75 Prozent der Nachfrage aus anderen Quellen.
Am wichtigsten ist dabei die Schmuckindustrie (Jewellery), die jedes Jahr knapp die Hälfte des weltweiten Angebots an Gold "schluckt". Die Industrienachfrage macht dagegen nur etwa 7 Prozent aus, im Gegensatz zu Silber, Platin und Palladium, bei denen hierauf der Löwenanteil des Marktes entfällt. Die Notenbanken sind ebenfalls ein wichtiger "Player", allerdings schwanken deren jährlichen Goldkäufe stark, machten aber seit 2010 zwischen 10 und 14 Prozent der Gesamtnachfrage aus, 2022 waren es sogar fast 24 Prozent.
Notenbanken kaufen mehr Gold
Bei der Einstellung der Notenbanken zu ihren Goldreserven hat es nach der Finanzkrise 2008 ein bemerkenswertes Umdenken gegeben. Bis dahin traten die Zentralbanken weltweit netto als Goldverkäufer auf. Besonders die Notenbanken der Industrieländer, die noch aus den Zeiten des Goldstandards auf hohen Goldbeständen saßen und immer noch sitzen, reduzierten diese nach und nach über viele Jahre hinweg.
Seit 2010 treten die Notenbanken weltweit wieder als Goldkäufer auf. Dabei spielt aber nicht nur die Diversifizierung der Devisenreserven (zu denen Gold zählt) eine Rolle, sondern auch der Nachholbedarf der Notenbanken der Schwellen- und Entwicklungsländer. Diese verfügen meist nur über geringe Goldreserven und besonders Länder wie China erhöhten diese in den letzten 10 Jahren stark, um die aufgrund des zunehmenden Wohlstandes wachsenden Währungsreserven zu diversifizieren. Nicht zuletzt ist es das Ziel vom US-Dollar, der wichtigsten Leit- und Reservewährung der Welt unabhängiger zu werden.
2022 hat dieses Motiv angesichts des Ukraine-Kriegs und der Sanktionen des "Westens" gegen die russische Zentralbank noch an Bedeutung gewonnen. Gold ist sicherer vor Sanktionen. Dazu kommt die zunehmende Unsicherheit in Bezug auf die globale politische und wirtschaftliche Entwicklung, die auch vor den Notenbanken nicht halt macht. Längst treten nicht nur die Notenbanken von Ländern wie China, der Türkei und Russland als Käufer von Gold auf, im 1. Quartal 2023 war z.B. die Notenbank von Singapur der wichtigste Goldkäufer.
Nachfrage der Konsumenten nach Gold wächst
Die Verschiebung der globalen wirtschaftlichen Gewichte zugunsten der Schwellenländer spielt auch für die Nachfrage der Konsumenten nach Gold eine wichtige Rolle. Darunter versteht man nicht nur die Schmucknachfrage, sondern auch die Nachfrage nach Barren und Münzen. Der in den letzten Jahrzehnten stark gestiegene Wohlstand besonders in China und immer mehr auch in Indien hat einer starken Zunahme der Nachfrage in diesen traditionell wichtigen Goldmärkten geführt. Anfang der 1990er Jahre entfielen auf die beiden bevölkerungsreichsten Länder Welt gerade einmal 20 Prozent der Konsumnachfrage nach Gold, inzwischen sind es fast 50 Prozent.
Zunehmender Wohlstand führt zu einer höheren Goldnachfrage. An diesem Trend ändern auch die starken Schwankungen seit dem Ausbruch der Pandemie Anfang 2020 nichts. Auch ist nicht damit zu rechnen, dass die Unsicherheit in Bezug auf die Entwicklung der Weltpolitik und der Weltwirtschaft rasch wieder deutlich abnimmt. Das stärkt die Bedeutung von Gold als sichere Wertanlage, sowohl in den Augen von Privatleuten als auch von Notenbanken.
Langfristig dürfte daher die Goldnachfrage weiter steigen. Das Angebot wächst zwar ebenfalls, es stößt aber irgendwann an natürliche Grenzen. Die Experten streiten sich, wann das genau der Fall sein wird. Soviel ist aber sicher: Die Erschließung neuer Goldvorkommen wird immer schwerer und teurer.
Eine Besonderheit des Goldmarktes ist allerdings, dass die gesamte Goldmenge auf der Welt stetig wächst, da Gold beim Konsum nicht untergeht, sondern gegebenenfalls wieder dem Markt zur Verfügung gestellt wird. Häufig nimmt das Angebot an Altgold gerade nach starken Preisanstiegen zu, was die Preisentwicklung ebenfalls stabilisiert.
Mein Fazit
Kurzfristig hängt die Entwicklung des Goldpreises davon ab, wie sich Zinsen, Konjunktur und Inflation entwickeln. Kommt es zu einer deutlichen Rezession, dann könnten die US-Notenbank und andere darauf mit Zinssenkungen reagieren. Das wäre positiv für den Goldpreis. Hält die US-Notenbank wie angekündigt den Zins allerdings länger auf dem aktuellen Niveau, dann lösen enttäuschte Goldbullen möglicherweise ihre Long-Positionen auf. Charttechnisch zeigt der Trend aktuell jedenfalls nach oben, daher bin ich im mittelfristig orientierten „Lars Erichsen“-Depot meines Premium-Anlagemagazins „Rendite-Spezialisten“ derzeit in einem Quantozertifikat auf Gold investiert.
Langfristig wird die Nachfrage nach Gold als Wertanlage, auch Goldschmuck dient häufig diesem Zweck, durch die global gestiegene Unsicherheit weiter zunehmen. Das betrifft auch die Notenbanken. Den Goldpreis wird das langfristig stützen. Kurzfristige, auch starke Rücksetzer sind wie in der Vergangenheit nicht ausgeschlossen, allerdings werden langfristig orientierte Käufer diese Korrekturen nutzen – auch das war in der Vergangenheit so.
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