Wird die Norwegische Krone unterschätzt?
Ölpreis und Geldpolitik lasten auf der Norwegischen Krone. Kann EUR/NOK dennoch überraschen?
(Dr. Detlef Rettinger) Norwegen ist ein reiches Land mit einem stabilen Finanzsystem. Das müsste gerade in unsicheren Zeiten Anleger anlocken, zumal der Leitzins mit 0,50 Prozent einer der höchsten in der Region ist. In der Eurozone, in Schweden und in Dänemark sehen sich die Anleger dagegen teils mit negativen Zinsen konfrontiert. Trotzdem stand die Norwegische Krone in den letzten vier Jahren unter Abwertungsdruck – und das liegt vor allem am Absturz des Ölpreises. Norwegens Wirtschaft ist abhängig von den Einnahmen aus dem Ölverkauf. Doch der Tiefpunkt scheint durchschritten, denn die Ölbranche hat sich mittlerweile auf das niedrigere Preisniveau eingestellt.
Der Kursanstieg von EUR/NOK seit Anfang März lässt sich daher auch nur zum Teil mit der neuen Stärke des Euro erklären. Hauptgrund für den Verkaufsdruck auf die Krone ist die Schwäche beim Ölpreis. Aber hier deutet sich eine erneute Wende an, denn die OPEC dürfte bei ihrem Treffen am 25. Mai eine Fortsetzung der Produktionskürzung bis Mai 2018 beschließen. Auch Russland scheint an Bord zu sein und sich an den preisstützenden Maßnahmen zu beteiligen. Das wäre positiv für die Krone.
„Drohung“ mit weiterer Zinssenkung belastet die Krone
Die Wachstumsrate in Norwegen dürfte 2017 auf +1,5 Prozent anziehen und sich 2018 weiter beschleunigen. Auch am Arbeitsmarkt entspannt sich die Lage, seit dem vierten Quartal 2016 fällt die Arbeitslosenquote wieder. Das macht sich positiv im Konsum bemerkbar, die Verbraucherstimmung hat sich deutlich gebessert. Für eine weitere Erholung der Krone wären das gute Voraussetzungen, doch EUR/NOK setzte den seit etwa zwölf Monaten bestehenden Abwärtstrend nicht fort, sondern legte seit März wieder deutlich zu. Für die neue Schwäche der Krone gibt es zwei Gründe: Erstens hat sich die Erholung bei den Rohstoffpreisen nicht fortgesetzt, das gilt auch für den Ölpreis. Zweitens stellt die norwegische Notenbank weitere Zinssenkungen in Aussicht und sorgt damit für Abwertungsdruck.
Tatsächlich ist aber die Wahrscheinlichkeit für eine weitere Zinssenkung in Norwegen angesichts der sich erholenden Konjunktur gering. Zudem hat die Norges Bank noch ein anderes Problem: Einen überhitzten Immobilienmarkt. In der Region Oslo lagen die Immobilienpreise trotz der Wirtschaftsschwäche Anfang 2017 fast 25 Prozent höher als im Vorjahr.
-
Aktueller Kurs
9,3768 NOK je Euro -
Kommentar
Der Kursanstieg bei EUR/NOK könnte sich bei einer Stabilisierung am Ölmarkt wieder umkehren. Sollte das OPEC-Treffen am Donnerstag jedoch enttäuschen, dürfte der Druck auf NOK wieder zunehmen. -
Meine Einschätzung
kurzfristig langfristig
Kurz und kompakt
Die Norwegische Krone ist für Anleger langfristig attraktiv, vor allem wegen der Finanzstabilität und des im Vergleich zur Eurozone hohen Zinsniveaus. Kurzfristig steht die Währung aber unter Abwertungsdruck, weil die Erholung beim Ölpreis ins Stocken geraten ist und sich die Notenbank weitere Zinssenkungen offen hält. Diese für die Krone negativen Einflüsse dürften jedoch abnehmen und EUR/NOK wieder unter Druck setzen.
Themen: Norwegen, Ölpreis, Wachstum, Geldpolitik, Zinsen, Abwertung
© Fotolia.com – Golden Brown