US-Dollar – Die Dominanz bröckelt!
Was dem Chinesischen Yuan zur Wachablösung des US-Dollars (noch) fehlt...
(Lars Erichsen) Die Pandemie hat das Vertrauen in die Funktionsfähigkeit der eng vernetzten Lieferketten beschädigt und deren Verwundbarkeit aufgezeigt. Und als wäre das nicht genug, hat der Ukraine-Krieg weitere scheinbare Gewissheiten hinweggefegt. Diese alle aufzuzählen, würde hier zu weit führen. Eine dieser nicht mehr gültigen Gewissheiten ist jedenfalls die der Sicherheit von Gold- und Devisenreserven, egal wo diese lagern.
Aufgrund der vom "Westen" verhängten Sanktionen kann Moskau über mehr als die Hälfte seiner Währungsreserven von 630 Mrd. US-Dollar nicht mehr verfügen, sie wurden eingefroren. Die Goldreserven Russlands sind davon nicht betroffen, zumal diese überwiegend in Russland selbst lagern. Bei anderen Regierungen und Zentralbanken geht nun die Sorge um, dass ihre Devisenreserven auch einmal Ziel von Sanktionen sein könnten.
Einer Umfrage der Fondsgesellschaft Inveso unter 85 staatlichen Investmentfonds und 57 Notenbanken zufolge hat ein Umdenken stattgefunden. 60 Prozent der befragten Notenbanken stufen Gold als Reserve nun attraktiver ein als zuvor, und 68 Prozent möchten diese Reserven lieber im eigenen Land lagern – was bislang nicht unbedingt üblich ist.
Die Notenbanken sehen den US-Dollar zunehmend kritisch
Zudem hat die Tendenz, die Devisenreserven weg vom US-Dollar hin zu anderen Währungen und zu Gold zu diversifizieren, zugenommen. Als ein Grund dafür werden auch wachsende Sorgen wegen der steigenden Staatsschulden der USA genannt.
Doch nicht erst seit dem Ukraine-Krieg und dessen Folgen gibt es Spekulationen darüber, dass die Dominanz des US-Dollars in der Weltwirtschaft endet. Der seit ein paar Jahren sinkende Anteil an den weltweiten Devisenreserven der Notenbanken scheint das zu bestätigen, der US-Dollar ist aber mit 58 Prozent hier immer noch dominant. Der Chinesische Yuan bzw. Renminbi als vermeintlicher Herausforderer des US-Dollars kommt gerade einmal auf 2,7 Prozent, mit leicht steigender Tendenz.
Die Sanktionen gegen Russland haben verdeutlicht, wie der "Westen" seine dominante Rolle auf dem weltweiten Kapitalmarkt politisch nutzen kann. China arbeitet auch deswegen am aktivsten daran, die Dollar-Dominanz zu brechen. Und so ließ vor wenigen Wochen die Meldung aufhorchen, dass im chinesischen Außenhandel erstmals die Nutzung des Yuans die des US-Dollars übertroffen hat.
Das würde dazu passen, dass China die USA auch als größte Wirtschaftsmacht der Welt überholt hat, wie die Grafik zur Entwicklung der Anteile am kaufkraftbereinigten Welt-BIP zeigt:
Der Kapitalmarkt ist entscheidend
Aber wirtschaftliche Größe ist nicht alles, wenn es um die globale Bedeutung einer Währung geht. Auch in welcher Währung der internationale Handel abgerechnet wird oder ob Rohstoffe in US-Dollar oder einer anderen Währung gehandelt werden, ist nicht entscheidend für den Einfluss einer Währung. Entscheidend ist vielmehr der internationale Kapitalmarkt, hier finden die meisten Geldströme statt und hier spielen die USA und Akteure aus den USA nach wie vor die herausragende Rolle.
So beträgt z.B. der Anteil der auf US-Dollar lautenden Anleihen am gesamten globalen Anleihemarkt 50 Prozent, beim Devisenhandel liegt der Anteil des US-Dollars sogar bei 90 Prozent. Und der US-Aktienmarkt ist ebenfalls weltweit dominant, ohne Anzeichen dafür, dass sich das bald ändern könnte.
Dass es ein zähes Unterfangen ist, eine Währung als Leitwährung abzulösen, zeigt ein Blick in die Geschichte. Vielen ist es ja kaum noch bewusst: Das Pfund war über lange Zeit die wichtigste Währung der Welt und London als Herz des weltumspannenden britischen Empire mit weitem Abstand der globale Finanzplatz Nr. 1. Erst nach dem 2. Weltkrieg ging z.B. der Ölhandel von Pfund in US-Dollar über. Die USA benötigten, nachdem ihre Wirtschaft die britische eingeholt und überholt hatte, noch weitere 50 Jahre, bis der US-Dollar das Pfund als Weltleitwährung ablösen konnte.
Flexibilität und Offenheit sind wichtig
Das zeigt: Der Bedeutungsverlust einer Währung und der Aufstieg einer anderen geschehen nicht plötzlich, sondern nach und nach. Peking hat erste Schritte gemacht und rechnet z.B. mehr Handel in Yuan ab. Doch der Abgesang auf den US-Dollar kommt zu früh. Alle, die auf die stark gestiegenen Schulden der USA verweisen, vergessen gerne, dass Chinas Gesamtverschuldung noch bedenklicher ist.
Zudem muss sich erst noch zeigen, ob ein offenes wirtschaftliches System wie das der USA mit den Herausforderungen der Zukunft nicht besser zurecht kommt als ein autoritäres und zunehmend zentralistisch gesteuertes System wie China. Die Gefahr, dass falsche Entscheidungen getroffen und an diesen festgehalten wird, ist groß. Das zeigt die Geschichte.
Kann der Yuan den US-Dollar von seinem Thron als Leitwährung stoßen?
Auf absehbare Zeit nicht. Wichtiger als wirtschaftliche Stärke ist dafür das Vertrauen der internationalen Anleger – und das kann nur bei Offenheit der Finanzmärkte entstehen. Rechtssicherheit und der Schutz von Investitionen vor staatlicher Willkür sind ebenfalls zentral.
Peking torpediert durch den wachsenden Einfluss der Politik auf die Wirtschaft das eigene Bemühen, den US-Dollar zu entmachten. Wechselkurse und Kapitalverkehr müssen frei sein von zu starker politischer Einflussnahme, damit eine Währung Weltleitwährung werden kann. Davon ist der Yuan inzwischen weiter entfernt als noch vor wenigen Jahren.
Der bereits erwähnten Umfrage von Invesco zufolge sehen aktuell nur noch 18 Prozent der befragten Notenbanken in der Chinesischen Währung einen Herausforderer für den US-Dollar, vor einem Jahr waren es noch 29 Prozent. Aber auch die USA haben durch die Sanktionen gegen Russland das Vertrauen in ihre Währung beschädigt.
Mein Fazit
Die Tendenz, vom US-Dollar unabhängiger zu werden, wird sich fortsetzen, bei den Notenbanken und auch im Handel. Doch Angst vor einem rasanten Bedeutungsverlust des US-Dollars muss man nicht haben. Wenn es irgendwo kracht auf der Welt, bleibt er die Fluchtwährung Nr. 1. Eine Übergewichtung von auf US-Dollar lautenden Anlagen gilt es aber zu vermeiden, schon aus Gründen der Risikostreuung.
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