Geldanlage: Bleiben Sie wachsam!
Die Politiken der Notenbanken ähneln sich weitgehend – noch. Was bedeutet das für die Märkte?
(Nico Popp) In wenigen Tagen geht sie los, die Fußball-Europameisterschaft. Während der vergangenen großen Fußball-Turniere rückte das politische oder wirtschaftliche Tagesgeschehen für viele Privatanleger eher in den Hintergrund. Die Bundesregierung nutzt diese Turniere gerne, um Steuern oder Beiträge zu erhöhen. So geschehen während der WM 2006 (Mehrwertsteuer) und während der WM 2010 (Krankenkassenbeitrag).
Doch gerade in diesem Sommer sollten Anleger auf der Hut sein. Zwar kann man gegen neue Steuergesetze ohnehin nichts machen, doch droht von anderer Seite Ungemach. Mit der Brexit-Abstimmung und wichtigen Notenbank-Entscheidungen stehen Richtungsentscheidungen bevor, die bis ins Jahr 2017 hinein reichen.
Welche Folgen hätte ein Brexit?
Kommt der Brexit oder nicht? Auch wenn es eher danach aussieht, als würden die launigen Briten dem Festland doch noch treu bleiben, steckt in der Entscheidung eine gehörige Sprengkraft. Was, wenn Großbritannien austritt? Die EU wäre womöglich gar handlungsfähiger ohne Extrawürste für London.
Doch was für ein Signal wäre es für die EU als Ganzes, wenn nun erstmals ein Staat austreten würde? Verkommt die Union dann zu einer Art Club, dem man nach Lust und Laune beiwohnt oder auch nicht? Ein Austritt hätte weitere schwerwiegende Folgen.
Britische und auch internationale Banken hätten mit Sicherheit ein Problem. Bisher können die Banken ihr EU-Geschäft von London aus tätigen. Tritt Großbritannien aus, würde wohl Frankfurt profitieren. Wie reibungslos die Wachablösung aber vonstattengehen würde? Niemand weiß es.
Notenbanken entscheiden über unsere Zukunft
Einen Tag vor der Brexit-Entscheidung am 23. Juni kommt zudem die Europäische Zentralbank zu einer Zinssitzung zusammen. Etwas mehr als eine Woche davor, am 15. und 16. Juni, trifft sich in den USA der Offenmarktausschuss, um über die weitere Strategie zu beraten. Beobachter rechnen zwar damit, dass die Notenbanken noch keine Entscheidungen fällen und erst das Referendum in Großbritannien abwarten wollen.
Zwischen den Zeilen sollten Anleger dennoch lesen. Geht die Zinsschere zwischen der Eurozone und den USA weiter auseinander, dürfte das die Märkte weiter in Atem halten. Am Dollar hängen neben Gold- und Ölpreis unter anderem auch die Schwellenländer. Verwerfungen sind daher vorprogrammiert – zumindest dann, wenn negative Konjunkturdaten den von den Notenbanken eingeschlagenen Weg konterkarieren.
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Kommentar
Bis 2013 war der Leitzins in der Eurozone höher als in den USA. Ab Mitte 2014 drehte sich das Bild und der Leitzins in den USA ist seitdem höher – wenn auch marginal. Die Zinsschere könnte sich durch weitere Zinsanhebungen in den USA in den nächsten Monaten weiter öffnen.
Kurz und kompakt
Wie auch immer es im Juni kommt: Anleger sollten nicht den Fehler machen, nur König Fußball regieren zu lassen. Es bietet sich auch während der Europameisterschaft an, am Grill das eine oder andere ernste Wort zu sprechen – den Märkten stehen im Juni Entscheidungen von großer Tragweite bevor. Brexit-Referendum und der weitere Kurs der großen Notenbanken werden ihre Wirkung bis weit nach der Europameisterschaft entfalten.
Themen: Geldpolitik, Brexit, EZB, US-Notenbank, Fußball-EM
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