Emerging Markets-Aktien jetzt verkaufen?
(Lars Erichsen) Donald Trump, der starke US-Dollar und anhaltend hohe Leitzinsen in den USA sind eine Mischung, die für Schwellenländer-Aktien alles andere als vorteilhaft ist.Das Thema ist jedoch aktueller denn je, denn in den USA scheint inzwischen nach Meinung vieler Profi-Anleger ein Richtungsentscheid zumindest von Seiten der US-Notenbank FED gefallen zu sein.
Die sehr starken jüngsten US-Arbeitsmarktdaten – die Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft war im Dezember um 256.000 Stellen angeschwollen, deutlich mehr als von den Analysten erwartet – liefern der FED so gut wie keine Argumente mehr, um die Leitzinsen weiter zu senken. Das FED-Watch-Tool der Terminbörse CME zeigt, dass die Anleger 2025 nur noch eine Zinssenkung erwarten. Manche Analysten rechnen sogar damit, dass es auf absehbare Zeit gar keine Zinssenkung in den USA mehr geben wird.
Hohes Zinsniveau, starker US-Dollar, schwache Schwellenländer?
Doch warum ist es für Schwellenländer so wichtig, was ein Zirkel von Geldpolitikern in den USA beschließt? Die Zusammenhänge lassen sich wie folgt beschreiben: Wenn die FED die Zinssätze erhöht oder auf hohem Niveau hält, wird der US-Dollar tendenziell stärker. Höhere Zinsen machen den US-Dollar attraktiver für Investoren, da er eine bessere Rendite auf Anlagen in US-Dollar (wie z.B. Staatsanleihen) bietet.
Ein starker US-Dollar ist für viele Schwellenländer-Unternehmen (und auch Regierungen) jedoch eine Belastung, denn oftmals wurden die Schulden in US-Dollar aufgenommen. Wenn der US-Dollar aufwertet, wird es teurer, diese Schulden zurückzuzahlen, was die Gewinne und Wachstumsaussichten dieser Unternehmen (und die Haushalte der betroffenen Länder) beeinträchtigen kann.
Ein starker US-Dollar zieht außerdem Kapital aus Schwellenländern ab, da Investoren in einem solchen Marktumfeld lieber in US-Dollar-denominierte Vermögenswerte investieren – für die Aktienmärkte der Schwellenländer ein nicht zu unterschätzender Belastungsfaktor.
Die Folgen dieser Entwicklungen sind schon seit einigen Wochen am Aktienmarkt zu spüren. So konnte der marktbreite S&P 500 im letzten Quartal 2024 weiter zulegen, während die Schwellenländer-Aktien (siehe Chart oben mit dem MSCI Emerging Markets Index) in eine Korrekturphase übergingen. Freilich spielen auch noch andere Faktoren eine Rolle wie z.B. die angedrohten Strafzölle der kommenden Trump-Administration oder die Konjunkturschwäche in China, dessen Gewicht im MSCI Emerging Markets Index auf rund 22 Prozent geschrumpft ist. Bei meiner letzten Analyse Mitte Dezember lag der China-Anteil noch bei 24,4 Prozent.
Doch was heißt das jetzt für Anleger, die auf Schwellenländer-Aktien setzen wollen oder diese bereits besitzen? Eine pauschale Aussage diesbezüglich ist schwierig, denn nur Du weißt, welches Risiko Du bereit bist zu tragen und welche Strategie Du mit Deinem Aktienportfolio verfolgst.
Für mich ist jedoch klar, dass Schwellenländer-Aktien in einem langfristigen Portfolio nach wie vor ihren Platz haben, denn das Wachstum in den Emerging Markets ist und bleibt langfristig gesehen höher als in den Industrieländern. Man sollte allerdings genau hinschauen, an welchen Unternehmen man sich beteiligt und welche Abhängigkeiten es z.B. vom US-Dollar gibt. Die Zusammenhänge habe ich oben beschrieben.
Mein Fazit
Der starke US-Dollar, das vergleichsweise hohe US-Zinsniveau, Donald Trump. Den Schwellenländer-Börsen weht derzeit ein rauer Wind entgegen. Die sowieso schwankungsfreudigen Aktienmärkte von China, Indien & Co. dürften in den nächsten Wochen daher so manches Nervenkostüm auf die Probe stellen.
Sollte sich die Korrektur an Märkten weiter ausweiten, so sehe ich auch die positiven Seiten, denn für langfristig orientierte Anleger könnten hochinteressante Chancen entstehen. In der Vergangenheit war dies stets der Fall, wenn der Pessimismus hohe Wellen schlug und niemand mehr die entsprechenden Aktien im Depot haben wollte. Du weißt, ich bin kein Crash-Prophet. Ob es überhaupt soweit kommen wird, bleibt abzuwarten.
© Adobe Stock - Datei Nr.:393860873 - Zerbor