Aktienanlage – Immer auf die Gewinner setzen?
Welche Unternehmen liegen in Zukunft an der Spitze?
(Lars Erichsen) Wer an der Börse investiert, der möchte gerne auf die Gewinner von morgen und auf die Marktführer setzen. Was sind in 5 Jahren die wertvollsten Unternehmen der Welt? Schon seit Jahren wird die Liste der Top 10 dominiert von US-Aktien und ganz an der Spitze stehen die Global Player aus den Branchen Technologie und Internet wie Microsoft, Apple, Nvidia, Alphabet, Amazon und Meta.
Es ist schwer zu glauben, dass gerade die Technologiekonzerne nicht auch in 5 oder 10 Jahren bei der Börsenbewertung ganz vorne stehen. Denn schließlich sind die Produkte und Dienstleistungen dieser Unternehmen weltweit Teil des Alltags der Menschen geworden. Die Aktien gehören daher in jedes Depot, oder nicht?
Die 10 Unternehmen mit der aktuell höchsten Börsenbewertung weltweit:
In den letzten Jahren musste man diese Frage ganz klar mit "ja" beantworten. Insgesamt ist die Schere zwischen den Schwergewichten und dem Rest weiter auseinandergegangen: Vereinten die Top 10 2019 noch 6,75 Bio. US-Dollar an Marktkapitalisierung auf sich, waren es Anfang 2022 schon 14,81 Bio. US-Dollar, und damit 120 Prozent mehr. Aktuell beträgt der Börsenwert der Top 10 17.964 Mrd. US-Dollar.
Das hat speziell im Fall der Aktien der Internet- und Techkonzerne auch mit Sonderfaktoren zu tun: Microsoft & Co. konnten vom Digitalisierungsschub im Zuge der Pandemie profitieren, der Boom bei der Künstlichen Intelligenz verstärkt diesen weiter. Dieses Wachstum wird nicht ewig anhalten. Trotzdem prognostiziert kaum ein Experte, dass die großen Tech-Konzerne ihre Ausnahmestellung in den nächsten Jahren einbüßen werden.
2010 schien der Aufstieg der China-Aktien klar
Doch mit Prognosen ist das so eine Sache. Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie leicht man mit Vorhersagen daneben liegen kann. Im Jahr 2010 z.B. gingen viele davon aus, dass in 10 Jahren – also 2020 – zahlreiche chinesische Unternehmen in den Top 10 der Aktien mit der höchsten Marktkapitalisierung auftauchen werden.
Damals befanden sich mit dem Ölkonzern Petrochina, den Banken ICBC und China Construction Bank sowie dem Mobilfunkkonzern China Mobile bereits vier Aktien aus China in den Top 10. Aus den USA stammten nur vier Top 10-Aktien nämlich ExxonMobil, Apple, Microsoft und Berkshire Hathaway.
Die 10 Unternehmen mit der höchsten Börsenbewertung 2010:
Chinas Wirtschaft ist seitdem sehr viel stärker gewachsen als die der USA und so schien es klar, dass der Anteil der chinesischen Aktien in den Top 10 weiter zunimmt. Viele hätten zudem damit gerechnet, dass auch Aktien aus anderen Schwellenländern in die Top 10 aufsteigen.
Die Internetkonzerne stürmen die Top 10
Doch wie wir heute wissen, kam es anders. Der rasante Aufstieg der großen Internetkonzerne hat deren Marktkapitalisierung explodieren lassen. ExxonMobil, das gemessen am Börsenwert teuerste Unternehmen im Jahr 2010, ist heute mit 473 Mrd. US-Dollar etwa 35 Prozent mehr wert als vor 14 Jahren, Apple und Microsoft sind allerdings inzwischen etwa 5- bis 6-mal so wertvoll wie der Ölkonzern.
China-Aktien sind aktuell keine unter den Top 10 zu finden. Ehemalige Riesen der Börsenbewertung wie Petrochina oder ICBC tauchen ebenso nur noch unter "ferner liefen" auf, wie Internetkonzerne wie Tencent (Platz 18) und Alibaba.
1990 dominierten noch japanische Aktien
Besonders skurril wird es, wenn wir uns die Liste der wertvollsten Unternehmen der Welt im Jahr 1990 ansehen. Damals befanden sich 6 japanische Konzerne unter den Top 10! Das teuerste Unternehmen der Welt war Nippon Telegraph & Telephone. Nach einigem Auf und Ab liegt deren Börsenbewertung heute mit 92 Mrd. US-Dollar noch unter der vor 31 Jahren. Die japanischen Banken in der Liste sind überwiegend durch Fusionen in anderen Instituten aufgegangen.
Die 10 Unternehmen mit der höchsten Börsenbewertung 1990:
Rückblickend erscheint es klar, dass in Japan damals eine durch extreme Steigerungen bei den Immobilienpreisen getriebene Börsenblase im Gange war. Aber zu der Zeit selbst rechneten die meisten Experten damit, dass japanische Unternehmen noch lange weltweit Spitze bleiben. Sicher hätte kaum jemand erwartet, dass 31 Jahre später japanische Aktien global gesehen nur noch eine untergeordnete Rolle spielen. Toyota findet man als teuerstes japanisches Unternehmen auf Platz 33.
10 Jahre vorher, im Jahr 1980, dominierten die Aktien aus der Ölbranche die Top 10. In den 1970er Jahren war der Ölpreis stark gestiegen und das hatte die Titel der Branche – von ExxonMobil über Chevron und BP bis Royal Dutch Shell – nach oben gespült.
Spitzenplätze sind selten von Dauer
Der Blick in die Geschichte zeigt: Ein Platz an der Spitze der wertvollsten Unternehmen der Welt ist keine Garantie, dass die jeweilige Aktie auch in Zukunft ein attraktives Investment ist – aber es spricht auch nicht unbedingt dagegen.
Der Ölkonzern ExxonMobil z.B. konnte sich über Jahrzehnte unter den Top 10 behaupten (aktuell Platz 17), ebenso übrigens wie z.B. General Electric und IBM. Auch Apple kann sich nun schon mehr als 10 Jahre vorne behaupten und es ist nicht auszuschließen, dass der iPhone-Konzern auch in den nächsten Jahren noch in den Top 10 oder zumindest im erweiterten Kreis zu finden ist. Aber irgendwann folgt auf den Aufstieg der Abstieg, das ist der Regelfall.
Emerging Markets steigen auf – Europa fällt weiter zurück?
Wie sehen also die Top 10 in 10 Jahren aus? Wahrscheinlich werden neben Taiwan Semiconductor weitere Aktien aus Ostasien in der Liste vertreten sein, vermutlich auch aus China. Eventuell schafft es auch ein indisches Unternehmen nach ganz vorne, dem Land wird hohes Wachstum zugetraut.
Wahrscheinlich wird auch in 10 Jahren kein europäisches Unternehmen in den Top 10 zu finden sein. Obwohl Novo Nordisk mit seinem 12. Platz aktuell nicht weit davon entfernt ist. Das ist aber kein Grund als Europäer in Sack und Asche zu gehen. Sicher hat Europa viele Trends verschlafen, z.B. den zu Quasi-Monopolen im Internet, wie sie von US-Konzernen wie Amazon, Alphabet oder Meta errichtet wurden. Aber solche Monopolstellungen bergen auch Gefahren, wenn sie durch staatliche Regulierung angegriffen werden oder wenn sie von innen verfaulen.
In die Liste der Top 10-Aktien nach Marktkapitalisierung aufzusteigen, ist meist auch ein Hinweis auf unternehmerischen Erfolg. Doch der muss nicht von Dauer sein und hängt manchmal auch von Zyklen ab. So lagen 1980 z.B. Ölaktien an der Spitze und 1990 japanische Aktien. Heute sieht das ganz anders aus.
Es ist daher alles andere als sicher, dass in 10 Jahren immer noch dieselben Internet- und Tech-Aktien vorne zu finden sind – auch wenn man sich das angesichts der Größe von Microsoft, Apple, Nvidia & Co. im Moment nur schwer vorstellen kann. Tesla zeigt aber derzeit, dass es auch rückwärts gehen kann: Noch Anfang 2022 lag das Unternehmen bei der Marktkapitalisierung weltweit auf Platz 6, aktuell ist es Platz 15.
Mein Fazit
Es kommt nicht darauf an, dass Du die größten Aktien des Planeten im Portfolio hast, sondern die Aktien erfolgreicher Unternehmen. Das können auch kleinere Titel sein, z.B. von Unternehmen, die in Nischenmärkten tätig sind und dort eine herausragende Stellung besitzen. Solche Unternehmen finden sich auch in Europa.
Sicher ist es gut, sich zu überlegen, welche Produkte und Dienstleistungen auch in 10 Jahren noch gefragt sein werden, aber den technologischen Fortschritt kann niemand wirklich prognostizieren. Technologische Veränderungen können Unternehmen nach oben spülen, die heute noch keiner kennt und etablierte Großkonzerne können den Anschluss verlieren. Eastman Kodak oder Nokia sind prominente Negativ-Beispiele dafür aus den letzten Jahrzehnten.
Es kommt daher darauf an, dass Du Dich von aktuellen Erfolgen nicht allzu sehr blenden lässt, sondern breit streust. Wichtig ist es, dass Du Aktien aus verschiedenen Branchen im Portfolio hast, denn so lassen sich Rückschläge bei einzelnen Titeln besser verdauen. Aus meiner Sicht wäre es z.B. keine gute Strategie heute nur oder überwiegend auf Technologie- und Internetaktien zu setzen. Dieses Prinzip der Streuung verfolge ich auch im langfristig ausgerichteten „Zukunfts-Depot“ meines Premium-Anlagemagazins „Rendite-Spezialisten“.
Und auch wenn hektisches Hin und Her in der langfristigen Aktienanlage falsch ist: An einer regelmäßigen kritischen Überprüfung Deines Aktienportfolios führt kein Weg vorbei.
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