Gelingt dem Brasilianischen Real ein Comeback?
Die Rahmenbedingungen für den Real haben sich verbessert. Was heißt das für EUR/BRL?
(Dr. Detlef Rettinger) Nach Jahren der Krise in Brasilien keimte 2016 Hoffnung auf eine bessere Zukunft auf – zumindest aus Sicht vieler Anleger. Der langanhaltende durch viele Schlammschlachten geprägte politische Machtkampf, den der konservative Michael Temer gegen die bisherige Präsidentin Dilma Rousseff gewann, schien beendet. Temer stellte die aus Sicht vieler Anleger dringend nötigen ökonomischen Reformen in Aussicht. Das führte zu einem kräftigen Zustrom an Anlagekapital und der Real wertete kräftig auf. Hoffnung machte auch, dass die Konjunktur ihren Tiefpunkt wohl durchschritten hat: Das BIP soll 2017 wieder um 0,8 Prozent wachsen, nachdem es 2016 noch 3,6 Prozent nach unten ging.
Doch in den letzten Monaten erschütterten immer neue Korruptionsskandale das Land, die Politiker waren mehr mit sich selbst beschäftigt als mit dem Überwinden der Krise. Auch gegen Temer wurde ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet, das dieser aber Anfang August abwenden konnte. Das lässt immerhin auf mehr politische Stabilität und auf eine Umsetzung der Rentenreform hoffen.
Hoffnung auf mehr politische Stabilität hilft dem Real
Diese ist auch deswegen von großer Bedeutung, weil sie den Staatshaushalt entlasten und das chronische Budgetdefizit verringern würde. Gemeinsam mit der aktuell sinkenden Inflationsrate und den Zinssenkungen der Notenbank schafft das bessere Voraussetzungen dafür, dass die Konjunktur an Fahrt gewinnt. Die Erholung der Rohstoffpreise in den letzten Wochen – Brasilien ist ein wichtiger Rohstoffexporteur – unterstützt diesen Kurs. Aus den vier Faktoren, mehr politische Stabilität, Reformen, sinkender Inflation und Erholung am Rohstoffmarkt ergibt sich ein Cocktail, der dem Real in den nächsten Monaten mehr Auftrieb geben kann.
Auch die Charttechnik zeigt eine interessante Ausgangssituation bei EUR/BRL: Anfang 2016 scheiterte EUR/BRL am Widerstand bei 4,50 BRL und fiel anschließend zurück. Zu Jahresbeginn 2017 erhielt der Real nochmals Auftrieb und EUR/BRL fiel auf den tiefsten Stand seit Mitte 2015. Danach gab es aber eine Seitwärtsbewegung und ab Mitte Mai kam der Real wieder unter Verkaufsdruck. EUR/BRL stieg auch wegen der allgemeinen Stärke des Euro bis zum Widerstand bei 3,78 BRL, scheiterte aber mehrfach an dieser Marke und dem dort verlaufenden ehemaligen Aufwärtstrend. In den nächsten Wochen kann der Wechselkurs wieder unter Druck kommen und die Unterstützung bei 3,50 BRL testen.
- Aktueller Kurs
3,7005 BRL je Euro - Kommentar
Das Währungspaar hat den Widerstand bei 3,78 BRL nicht genommen. In den nächsten Wochen kann EUR/BRL daher wieder unter Druck kommen und die Unterstützung bei 3,50 BRL testen. - Meine Einschätzung
kurzfristig langfristig
Kurz und kompakt
Die Rahmenbedingungen für eine Aufwertung des Real (entspricht einer Abwärtsbewegung bei EUR/BRL) sind wieder besser. Allerdings bremsen die Zinssenkungen der Notenbank den Aufwertungsdruck. Doch das Zinsniveau bleibt trotzdem hoch und lockt Anleger an. Mit der entsprechenden Risikobereitschaft sind Short-Positionen auf EUR/BRL daher wieder interessant geworden.
Themen: Brasilien, Real, Abwertung, Zinssenkung, Stagnation, Korruption, Konjunktur