EUR/USD: Warum der Euro wieder steigt!
Stimmungswechsel am Devisenmarkt: Der Euro hat sich erholt und der Dollar kam unter Druck. Geht das so weiter oder ist das eine Momentaufnahme?
(Dr. Detlef Rettinger) Noch vor wenigen Monaten rechneten viele Experten damit, dass der Wechselkurs des Euro zum US-Dollar (EUR/USD) auf die so genannte Parität von 1,00 US-Dollar fallen würde. Sprich: Für einen Euro gäbe es dann gerade einmal einen Dollar. Das war zuletzt 2002 der Fall! Doch auch so war EUR/USD auf den niedrigsten Stand seit 15 Jahren gefallen.
Die Gründe für die Stärke des Dollars und die gleichzeitige Schwäche des Euro waren klar: Der neue US-Präsident Trump stellte eine massive Erhöhung der Staatsausgaben, Steuersenkungen und Deregulierungen z.B. im Banken- und im Ölsektor in Aussicht. Gleichzeitig waren in Europa die Gegner der Europäischen Union im Vormarsch, ein Auseinanderbrechen zumindest der Eurozone schien möglich.
Donald Trump enttäuscht, Europa reißt sich am Riemen
Beides hat sich inzwischen geändert. Trump kann nicht "liefern", bzw. es wird noch lange dauern, bis auch nur ein Teil der versprochenen Maßnahmen Wirklichkeit wird. Und in Europa wurde der Siegeszug der Populisten gestoppt, es gibt neue Hoffnung auf mehr Handlungsfähigkeit der EU. Das setzte auf der einen Seite den Dollar unter Druck und gab auf der anderen Seite dem Euro Auftrieb.
Die Konjunkturdaten taten ihr Übriges: Während in den USA die aktuellen Wirtschaftszahlen immer öfter enttäuschen, werden aus vielen europäischen Ländern überraschend gute Zahlen gemeldet. Dem Wechselkurs EUR/USD gab das besonders nach dem für die EU positiven Ausgang der Wahl in Frankreich Auftrieb.
Charttechnisch könnte es nach der starken Rallye der letzten Wochen bei EUR/USD eine Verschnaufpause geben. Zumal der Wechselkurs auch im Bereich von 1,1250 USD an einem starken Widerstand angelangt ist. Und auch fundamental könnte der Kursanstieg über das Ziel hinausgeschossen sein: Sollte die US-Notenbank bei ihrer nächsten Sitzung im Juni den Leitzins ein weiteres Mal anheben, dann würde dies EUR/USD wieder unter Druck setzen. Auch können aus Europa wieder negative Nachrichten kommen, z.B. im Zusammenhang mit den Brexit-Verhandlungen oder wegen der anhaltenden Zerstrittenheit der EU-Mitgliedsstaaten.
- Aktueller Kurs
1,1208 US-Dollar je Euro - Unterstützungen
1,1100 / 1,1000 / 1,0850 - Widerstände
1,1250 / 1,1440 / 1,1500 - Meine Einschätzung
kurzfristig langfristig
Kurz und kompakt
EUR/USD hat wichtige Widerstände und Abwärtstrendlinien überwunden. Bei einem Bruch der Marke von 1,1240 USD kann sich der Kursanstieg bis 1,1440/1,1500 USD fortsetzen. Das entspricht der Obergrenze des seit Anfang 2015 bestehenden Seitwärtstrendkanals. Trader sollten darauf aber erst setzen, wenn der Widerstand bei 1,1250 USD überwunden wird. Für wahrscheinlicher halte ich derzeit eine kleine Korrektur und dann eine Fortsetzung der Aufwärtsbewegung.
Themen: Wechselkurse, Donald Trump, Frankreich-Wahl, Charttechnik