Chinesischer Yuan: Wieviel Abwertung lässt Peking zu?
Steht Chinas Wirtschaft vor dem Kollaps und was bedeutet das für den Yuan?
(Dr. Detlef Rettinger) Ein wirklich großes Thema ist es hierzulande derzeit nicht, weder unter Anlegern und schon gar nicht in den Massenmedien: Peking macht tatsächlich Ernst damit, dem Schatten-Kapitalmarkt Zügel anzulegen. Es wurden Regulierungen eingeführt und vor allem wird dem „Leveraging“ Einhalt geboten – also dem beliebten Sport vieler Chinesen, mit geliehenem Geld auf Aktien, Anleihen, Immobilien und anderes zu spekulieren. Die Folgen für die Märkte in China sind bereits erheblich: Zinsen und Anleiherenditen sind auf den höchsten Stand seit 2015 geschossen. Auf der anderen Seite sind die Aktienkurse in Shanghai zeitweise auf den tiefsten Stand seit Oktober gefallen. Immerhin: Der Yuan hielt sich bis vor kurzem relativ stabil (siehe Chart). Die jüngste Abwertung (entspricht im Chart der Aufwärtsbewegung von EUR/CNY) lässt jedoch die Spekuklation zu, dass beim Yuan ein Stein ins Rollen geraten könnte.
Peking vollführt einen Drahtseilakt – wie schon so oft
Laut Bloomberg wurden durch den Kurssturz mehr als 450 Mrd. USD an Marktwerten vernichtet. Keine Kleinigkeit also. Das Ganze birgt die Gefahr, dass Peking die Kontrolle über den Finanzmarkt verliert und Panikreaktionen an den Märkten die ganze Wirtschaft erschüttern. Das würde Schockwellen um den Globus jagen. Davon gehe ich aber nicht aus, denn zum einen hat Peking die Kapitalflucht im Griff, das zeigt der stabile Yuan-Kurs. Das war bei den Turbulenzen Anfang 2016 anders. Zum anderen wird Peking rechtzeitig die Reißleine ziehen, da es im Herbst zu einem Führungswechsel in der Kommunistischen Partei kommt. Da soll die Wirtschaft nicht zu schlecht aussehen, um die politische Stabilität nicht zu gefährden. Das ist immer Pekings wichtigstes Ziel. Doch selbst wenn die Lage nicht eskaliert, drücken die Maßnahmen auf das Wirtschaftswachstum. Und zwar weltweit, denn China trägt ein Drittel zum globalen Wachstum bei! Das sorgt auch für Korrekturgefahr an den Börsen, die in den USA und Deutschland auf Allzeithochs gestiegen sind.
- Aktueller Kurs
7,6636 Yuan je Euro - Kommentar
EUR/CNY hat seit Anfang April deutlich zugelegt. Peking wird zwar vermutlich eine sprunghafte Abwertung des Yuan verhindern können, die Tendenz bei EUR/CNY zeigt aber mittelfristig nach oben. - Meine Einschätzung
kurzfristig langfristig
Kurz und kompakt
Als Aktienanleger sollten Sie sich des gestiegenen Risikos einer Korrektur bewusst sein. Falls die Lage eskaliert, sollten Sie auf Gold setzen und auf den Euro-Bund-Future. Was den Währungsmarkt betrifft, wird Peking eine sprunghafte Abwertung des Yuan wahrscheinlich vermeiden können. Zumal die gestiegenen Zinsen in China nicht nur eine Gefahr für die Konjunktur darstellen, sie machen auch Anlagen in Yuan wieder attraktiver.
Themen: China, Schattenkapitalmarkt, Protektionismus, Handelskrieg, Währung, Abwertung, Yuan, Euro