Brasilianischer Real vor weiterer Abwertung?
Korruption und Misswirtschaft bedrücken Brasilien. Kann sich der Real diesen Belastungen entziehen?
(Dr. Detlef Rettinger) China ist das Paradebeispiel dafür, wie wichtig eine stabile Regierung für die wirtschaftliche Entwicklung ist: Die Politik ist zwar repressiv, aber das Land holt stetig gegenüber den alten Industrieländern auf. Brasilien dagegen ist das traurige Gegenbeispiel. Bis 2013 sah es noch gut aus, das Land schwamm auf einer wirtschaftlichen Erfolgswelle, auch dank des boomenden Rohstoffmarktes. Doch durch falsche politische Entscheidungen, Korruption und eine überforderte Verwaltung wurden die Erfolge zunichte gemacht. 2015 und 2016 rutschte das Land in eine schwere Rezession, aus der es sich nur langsam befreien kann.
Immerhin gab es im letzten Jahr einen Hoffnungsschimmer: Der nach langer und zäher politischer Schlammschlacht an die Macht gekommene Michel Temer stellte eine solide und wachstumsorientierte Wirtschaftspolitik in Aussicht. Das war angesichts eines Haushaltsdefizits von etwa 9 Prozent auch dringend nötig.
Stagnation statt kräftiger Erholung
Tatsächlich bessern sich die Wirtschaftsdaten langsam wieder, der Tiefpunkt der Rezession ist durchschritten. Auch die Inflationsrate hat sich von über 10 Prozent auf etwa 5 Prozent halbiert. Die brasilianische Notenbank konnte dadurch den Leitzins deutlich senken, er ist aber mit 10,25 Prozent immer noch hoch. Doch jetzt steht auch der neue Präsident im Mittelpunkt eines Korruptionsskandals. Und das gefährdet nicht nur seine politische Zukunft, sondern auch die Fortsetzung des wirtschaftspolitischen Konsolidierungskurses. Der Aktienmarkt in Sao Paulo und auch der Real sind deswegen in der letzten Woche massiv eingebrochen. Auch kommt die Konjunktur nicht wirklich in Schwung, 2017 ist gerade einmal eine Stagnation zu erwarten, erst 2018 könnte das Wachstum etwas anziehen.
Interessant ist ein Blick auf die Charttechnik: Der Real hat 2016 die massive Abwertung aus der zweiten Jahreshälfte 2015 mehr als wettgemacht. EUR/BRL ist nach dem Anstieg auf ein neues Allzeithoch bis Februar 2017 wieder auf den tiefsten Stand seit Mai 2015 gefallen. Das ist auch deshalb besonders bemerkenswert, weil die hohe Inflation von teils über 10 Prozent eigentlich für eine Abwertung sorgen müsste. Der Abwertungsdruck wird jedoch wieder größer. In den letzten Wochen hat der Wechselkurs wichtige Widerstände überwunden. Sollte auch der Resist bei 3,74 BRL genommen werden, dann lautet das nächste Kursziel 4,00 BRL.
- Aktueller Kurs
3,6468 BRL je Euro - Kommentar
In den letzten Wochen hat der Wechselkurs wichtige Widerstände überwunden. Sollte auch der Resist bei 3,74 BRL genommen werden, dann lautet das nächste Kursziel 4,00 BRL. - Meine Einschätzung
kurzfristig langfristig
Kurz und kompakt
Am Devisenmarkt gab es 2016 zu viele Vorschusslorbeeren für die erhoffte wirtschaftliche Wende. Die Aufwertung des Real war übertrieben. Der neue Skandal – wie immer er auch weitergehen mag – schwächt die neue Regierung und verschreckt erneut die Anleger. Dazu kommt, dass die Notenbank den Leitzins auf der Sitzung am 31. Mai erneut um 100 Basispunkte auf 10,25 Prozent gesenkt hat. Eine Hilfe für den Real ist dies nicht, im Gegenteil. Auch die Charttechnik deutet auf eine weitere Abwertungstendenz des Real hin. Im Chart EUR/BRL entspricht dies einer Aufwärtsbewegung.
Themen: Brasilien, Real, Abwertung, Zinssenkung, Stagnation, Korruption, Konjunktur