Tschüss Indien, Hallo China!?

Anleger schichten von indischen in chinesische Aktien um – das bietet Chancen!

(Lars Erichsen) In den letzten beiden Wochen stand besonders der chinesische Aktienmarkt im Blickpunkt. Nach einer jahrelangen Schwächephase gab es in den Indizes und bei einzelnen Aktien enorme Kursanstiege; so stieg der MSCI China Index in kurzer Zeit auf den höchsten Stand seit 2 Jahren. Auslöser dafür war ein lang erwartetes Maßnahmenpaket Pekings zur Stimulierung von Konjunktur, Immobilienmarkt und Börsen. Im Artikel vom 25. September habe ich ausführlich darüber berichtet.

Etwas weniger im Fokus steht derzeit der indische Aktienmarkt, der gleichzeitig deutlich korrigierte. Indizes wie Sensex, Nifty 50 oder auch der MSCI India fielen an sechs aufeinanderfolgenden Tagen und verloren gegenüber dem Ende September markierten Hochs etwa 5 Prozent.

Der Chart-Vergleich für die letzten 2 Jahre zeigt den starken Anstieg des MSCI China ETFs und den gleichzeitigen Rückgang des FTSE China ETFs. Beide ETFs spiegeln die jeweiligen Märkte breit wider und zählen unter den verfügbaren ETFs zu den kostengünstigsten:



Grund für den Kursrückgang in Indien waren offenbar Umschichtungen vor allem ausländischer Anleger, und zwar raus aus indischen und rein in chinesische Aktien. Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge sind die täglichen Abflüsse ausländischen Kapitals aus Indien Anfang Oktober auf ein Rekordhoch gestiegen. Die auf Asien spezialisierte Vermögensverwaltung CLSA hat z.B. bekannt gegeben, China auf „5% übergewichten“ hochzustufen und Indien von „20% auf 10% übergewichten“ herabzustufen.

Auslöser für diese Umschichtungen waren nicht nur die Maßnahmen Pekings, sondern auch die immer weiter auseinanderlaufende Bewertung beider Märkte. Laut der Fondsgesellschaft iShares sind die Aktien im MSCI India ETF inzwischen mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 27,4 bewertet. Die gewichtete durchschnittliche KGV-Bewertung des MSCI China ETF liegt auch nach dem Kursanstieg gerade einmal bei 16,8, ebenso die des MSCI Emerging Markets ETFs.

Setzt sich diese Rotation so fort oder ist das nur ein vorübergehendes Phänomen? Der steile Kursanstieg am chinesischen Aktienmarkt hatte jedenfalls auch markttechnische Gründe. Extrem vielen auch spekulativ eingestellten Käufern standen kaum noch Verkäufer gegenüber. Solche Phasen dauern meist nicht lange und entsprechend gab es zu Beginn dieser Woche bereits einen deutlichen Rücksetzer. Gleichzeitig stabilisierten sich die Indizes in Indien.

Großes Enttäuschungspotenzial in China

Als Grund für den Rücksetzer in China wird darauf verwiesen, dass Peking die hohen Erwartungen an die angekündigten Stimulusmaßnahmen bislang nicht bestätigen konnte. Das ist einerseits normal, andererseits steckt darin wirklich ein großes Risiko. Peking muss nun liefern oder sogar nachlegen, wenn es wirklich eine Wende in der Wirtschaft herbeiführen und das Vertrauen von Konsumenten und Unternehmen zurückgewinnen will.

Das braucht viel Zeit, immerhin befindet sich die Wirtschaft seit mehr als drei Jahren in einer schwierigen Phase. Die Immobilienpreise fallen immer noch, die Jugendarbeitslosigkeit ist zuletzt auf 18,8% gestiegen und der Exportmotor stottert. Verpuffen die angekündigten Maßnahmen bzw. fehlt der Glaube daran, dass dadurch das Steuer herumgerissen wird, dann birgt das großes Enttäuschungspotenzial. China könnte dann eine lang anhaltende Wirtschaftsflaute drohen, ähnlich der Japans in den 1990er Jahren.

Was bedeutet das für Anleger?

1. Indiens Wirtschaft wächst auch in den nächsten Jahren schneller als die chinesische. Und der Aufwärtstrend am indischen Aktienmarkt ist intakt. Für Anleger bietet eine Korrektur daher zweifellos Chancen.

Zudem ist der Rücksetzer in Indien vergleichsweise klein, besonders wenn man die starke Outperformance der letzten Jahre bedenkt. Der Chart-Vergleich mit dem MSCI China ETF und dem MSCI Emerging Markets ETF über die letzten 5 Jahre offenbart das:


2. Chinesische Unternehmen haben trotz der Probleme im eigenen Land in vielen Branchen technologisch enorm aufgeholt. Man sollte daher als Anleger China keinesfalls abschreiben.

Darüber hinaus ist Indien trotz der großen Chancen weit davon entfernt, in der Weltwirtschaft die Rolle einzunehmen, die China in den letzten 20 Jahren gespielt hat. So fehlt es an der entsprechend ausgebauten Infrastruktur, in der Breite an gut ausgebildeten Arbeitskräften und an einem Netz von Zulieferern. Dazu kommt die immer noch hemmende Bürokratie.

Die chinesischen Aktienindizes sind allerdings extrem schnell und steil gestiegen. Das wird sich so nicht fortsetzen, wie bereits die letzten Tage zeigten. Korrekturen bieten auch hier Chancen.

Mein Fazit

Indien wächst schneller als China, hat aber eine ganz andere Wirtschaftsstruktur und auch andere Stärken. Beide Länder gehören meiner Ansicht nach in ein langfristiges Depot, eventuell auch über einen ETF auf den MSCI Emerging Markets Index. Der Anteil Chinas in diesem ETF beträgt derzeit 26%, Ende Juni lag er noch bei 23%. Indiens Anteil ist in den letzten Jahren auf stattliche 20% gestiegen.

Im aktiv gemanagten „Lars Erichsen“-Depot meines Premium-Anlagemagazins Rendite-Spezialisten habe ich beide Märkte im Blick, um die sich durch die starken Kursbewegungen ergebenden kurz- und mittelfristigen Chancen zu nutzen, auch bei besonders aussichtsreichen Einzelaktien.