Bitcoin: Rallye ohne Ende oder Absturz?
Der Bitcoin vollführt immer tollere Kurssprünge. Geht die Rallye weiter oder kommt der Absturz?
(Dr. Detlef Rettinger) Der Bitcoin ist derzeit das heißeste Thema an den internationalen Finanzmärkten. Also: Auch wenn Sie darüber eventuell nichts mehr hören können oder wollen, es führt derzeit kein Weg daran vorbei. Wie Sie am Chart unten sehen können, erwies sich meine charttechnische Einschätzung aus der letzten Woche rasch als Makulatur. Der Bitcoin-Kurs legte in der Spitze nochmals um sagenhafte 50 Prozent zu und brach aus dem Aufwärtstrendkanal nach oben aus:
Als Erklärung dafür gilt die Einführung eines Bitcoin-Futures am 8. Dezember. In den nächsten Wochen sollen weitere Futures folgen. Manche Anleger erhoffen sich dadurch eine höhere Liquidität in diesem so engen Markt. Ich habe meine Zweifel, ob das so kommt. Es handelt sich – im Moment jedenfalls – einfach um eine Rallye, bei der viele durch die Dollarzeichen in den Augen den Bezug zur Realität verloren haben. Denn es gibt mehr als nur Warnzeichen, dass dieser Hype bald seinen Höhepunkt überschritten hat:
1. Betrug, Diebstähle und Hacks im Bereich der Kryptowährungen setzen sich fort und zeigen die weiter bestehenden Sicherheitsprobleme. So wurden dem Kryptowährungen-Startup Tether vor kurzem 31 Mio. Dollar gestohlen. Und der Mining-Marktplatz NiceHash wurde gehackt und um Millionen erleichter. Einige Börsenbetreiber wie Coinbase berichten von zunehmenden Attacken von Hackern. Vor einigen Monaten hätte das die Bitcoin-Rallye noch wenigstens gebremst, heute interessiert das Thema keinen mehr.
2. Der Bitcoin sorgt an den Finanzmärkten für Furore, gewinnt aber als Zahlungsmittel nicht an Bedeutung. Im Gegenteil: Der größte Shop für Online-Spiele in den USA und Europa, Steam, hat angekündigt, den Bitcoin nicht mehr als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Gründe seien zum einen die hohen Transaktionskosten, die von 20 Cents auf bis zu 20 Dollar je Überweisung gestiegen seien. Zum anderen erschweren die starken Kursschwankungen den Zahlungsverkehr enorm. Häufig käme es zu Nachzahlungen oder zuviel gezahlte Beträge müssten erstattet werden.
3. Der Markt ist illiquide und ein reiner Käufermarkt, klar. Aber die Kurssprünge werden immer verrückter. Am Donnerstag übersprang der Bitcoin gleich drei Tausendermarken und fiel dann im asiatischen Handel wieder um 12 Prozent auf unter 15.000 USD zurück. Am Freitag ging das Auf und Ab dann weiter.
Bitcoin kann von einen Tag auf den anderen kollabieren
Die vielen Kritiker des Bitcoin hier alle aufzuzählen, erscheint wenig sinnvoll, denn Vernunftgründe werden die Rallye nicht stoppen. Trotzdem eine kleine Auswahl: Der Chef des nordeuropäischen Bankenkonzerns Nordea bezeichnete den Bitcoin als absurde Konstruktion, der Chef der US-Großbank JPMorgan Chase sagte, er würde jeden seiner Trader, der mit Bitcoin handelt, feuern.
Und laut dem bekannten Nobelpreisträger Stiglitz erfülle der Bitcoin keine sinnvolle soziale Funktion und solle verboten werden. Ein anderer Nobelpreisträger, Jean Tirole, warnte, dass der Preis von einem Tag auf den anderen kollabieren könne. Das sind nur die kritischen Stimmen der letzten Tage.
- Aktueller Kurs
15.487 US-Dollar je Bitcoin - Kommentar
Der Bitcoin sprengt auch traditionellen Maßstäbe der Charttechnik. Oder anders gesagt: Eine steile Rallye kann auch immer noch steiler werden. - Meine Einschätzung
Der Bitcoin ist so sprunghaft, dass eine seriöse Einschätzung kaum möglich ist.
Kurz und kompakt
Wer mit dem Bitcoin spekulieren will, der soll das tun. Ich will niemandem den Spaß vermiesen oder die Freude an bereits aufgelaufenen schönen Gewinnen. Aber das Risiko für einen Kurseinbruch steigt zweifellos. Ein Auslöser könnte sein, wenn die neuen Futures zu Totgeburten werden, sprich nicht die in sie gesetzten Hoffnungen einer steigenden Liquidität für den Bitcoin-Markt erfüllen.
Wenn Sie in Bitcoin investiert sind, entweder direkt oder z.B. über Zertifikate von Vontobel, dann sollten Sie sich aber nicht der Illusion hingeben, wirksame Stopp-Marken setzen oder schnell aussteigen zu können. Der Bitcoin kann in sehr kurzer Zeit, z.B. auch im asiatischen Handel, um ein paar Tausend Euro fallen, wie der Freitag gezeigt hat. Mein Rat: Von Gewinnmitnahmen ist noch niemand pleite gegangen.
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